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Polizeischutz für Südflügel und Schlossgarten !

„Aber die Bahn hat ein Baurecht!“ Diese Antwort bekam ich immer wieder zu hören, wenn ich meine Zweifel äußerte, ob der Staat den Abbruch des Südflügels und das Fällen der Bäume im Schlosspark mit Polizeigewalt durchsetzen müsse, solange noch gar nicht sicher ist, ob das ganze Projekt Stgt 21 realisiert wird und diese Zerstörungen sich im Nachhinein als voreilig erweisen können.

Damit mochte ich mich nicht abfinden. Nachdem ich mich einige Wochen lang mit Polizei- und Versammlungsrecht beschäftigt habe, bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass aus dem Baurecht der Bahn keine solche Verpflichtung für den Staat resultiert.

Sollte der Staat in diesem Stadium der Unsicherheit den Abbruch des Südflügels und das Fällen der Bäume im Schlosspark mit Polizeigewalt durchsetzen, so tut er es nicht, weil er dazu rechtlich gezwungen wäre, sondern allein deshalb, weil er die Macht dazu hat. Es wäre eine rein politische Entscheidung.

Umgekehrt könnte die SPD, auch wenn sie am Projekt Stgt 21 festhält, ohne Gesichtsverlust weitere Eskalationen vermeiden und ihren Beitrag zur Entspannung leisten, indem sie von der gewaltsamen Durchsetzung der Zerstörungen absieht, solange diese nicht objektiv notwendig sind. Die SPD könnte sich sogar als bürgerfreundlich und rechtsstaatlich darstellen.

Mein Text „Polizeischutz für Südflügel und Schlosspark“ ist vor allem das Ergebnis des Prozesses, in dem ich meine eigenen Gedanken geklärt und mit Fachleuten diskutiert habe. Nun steht er natürlich allen zur Verfügung.

Jetzt geht es darum, diese Erkenntnis in die Köpfe derjenigen zu bringen, die zu entscheiden haben. Das sind Polizeipräsident Züfle, Landespolizeipräsident Hammann, Innenminister Gall und am Ende auch noch Ministerpräsident Kretschmann.

So stelle ich es nun allen Interessierten frei, meine Überlegungen in ihrem Umfeld zu verbreiten und auch sonst von ihnen den Gebrauch zu machen, der ihnen sinnvoll scheint – in der Hoffnung, damit einen Beitrag zur Meinungsbildung in der Öffentlichkeit oder noch besser bei den politisch Verantwortlichen zu leisten.

Christoph Strecker, Stuttgart     www.christoph-strecker.eu
Hier gibt’s den Text „Polizeischutz für Südflügel und Schlosspark“ als PDF

Mahnwachen-Team würde sich über neue MitarbeiterInnen freuen

Liebe Freunde des Kopfbahnhofs,

Im Endspurt auf die Volksabstimmung werden im Widerstand viele Kräfte mobilisiert und gebunden – auch von unserem Mahnwachenteam am ehemaligen Nordflügel, das seit nunmehr knapp 16 Monaten mit Dauerpräsens bei Wind und Wetter die vielfältigsten Aufgaben übernimmt und dabei ein (über die Spendeneinnahmen nicht zuletzt auch finanzielles) Rückgrat unseres Widerstands ist!

Daran, dass wir für euch immer da sind, hat sich der Widerstand „gewöhnt“ – doch muss diese Aufgabe logistisch und personell gestemmt und auf viele Schultern verteilt werden, um Einzelne nicht auszubrennen. Das wir als ehrenamtliches mittelständisches Unternehmen das bisher geschafft haben, ist der hohen Einsatzbereitschaft und Professionalität des Teams geschuldet – und gleicht einem Wunder: außerhalb Stuttgarts hat es die allerlängste historisch bekannte Dauermahnwache in der Bundesrepublik  bisher auf längstens 12 Monate gebracht.

Um unsere Mahnwache auch weiterhin gewährleisten zu können, braucht unser Team also dringend DEINE Unterstützung – natürlich auch tagsüber, doch ganz verstärkt jeweils für die NÄCHTE auf DIENSTAG, auf DONNERSTAG sowie an WOCHENENDEN in der Zeit von 0-6 Uhr morgens. Eignet sich z.B. auch für Freunde, Arbeits- und Bezugsgruppen von 2-3 Leuten, die sich zusammenschließen möchten – die Arbeit bei uns kann viel Freude, Kraft und neue Freundschaften schenken!

Keine Angst: du mußt kein Fachexperte sein, es reicht die Freude im Umgang mit Menschen und natürlich, dass du unser Anliegen teilst: den „WahnSinn 21“ zu stoppen. Du wirst im Team von uns gut eingearbeitet und es stehen dir im Team Ansprechpartner zur Verfügung.

Wer uns unterstützen möchte:
mobil: 0176-38505873 (Mahnwachenhandy rund um die Uhr erreichbar)
oder per E-Mail an Mark Pollmann (vom Orga-Team der Mahnwache):
mpollmann1@aol.com

Unser Mahnwachenteam freut sich auf DEINE Mitarbeit, herzliche Grüße,
Ja zum Ausstieg und mit Köpfchen Oben Bleiben,
Mark

S 21: Kein Bahnhof für die Menschen

„Das Projekt ist nicht für die Menschen (Reisenden, Pendler etc.), sondern die Menschen (Reisenden, Pendler etc.) haben sich diesem Projekt anzupassen.
Es ist ein Jahrhundertprojekt, doch es stammt aus vergangener Zeit. Es ist das Artefakt eines Denkens, das die New Economy hervorbrachte und in der Finanzkrise der Jahre 2009/10/11/12 … ihre Fortsetzung fand.“

So der Eisenbahner und Theologe Prof.  Ferdinand Rohrhirsch beim
13. Plädoyer für den Südflügel am 10. 10. 2011.

Hier gibt’s den vollständigen Text als PDF

Seid untertan der Obrigkeit !??

1. Die Aufforderung an die Theologen: Keine Einmischung in die Politik

Uns Theologen wird immer wieder dringend empfohlen, – so auch in kritischen Beiträgen auf diesem Blog – uns um die Verkündigung zu kümmern und nicht gegen ein Bahnprojekt Stellung zu nehmen. Politik, Wirtschaft, die Banken, die Industrie, das Rechtswesen – sie alle hätten ihre eigenen Gesetze, denen die Menschen, die dafür Verantwortung tragen, folgen müssten. Da herrschten wirtschaftliche Zwänge, Gesetze des Marktes, mit einem Wort: Eigengesetzlichkeiten, die man akzeptieren müsse, da habe der Glaube nichts zu suchen. Er ist Privatsache.

Andere Kritiker zitieren die Bibel, in der steht: Seid untertan der Obrigkeit. Ihr muss man gehorchen. Was sie einmal beschlossen hat, muss man eben akzeptieren. Diese Bibelstelle hat eine gewichtige Tradition in der Kirche, vor allem in lutherischen Landeskirchen, begründet. Sie beherrscht bis heute das Denken vieler Menschen.
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Rede von Oberkirchenrat a. D. Prof. Dr. Hartmut Jetter

Liebe Landsleute!
Verehrte Mitbürger von Stuttgart und anderswo.

Zunächst ein Danke für die Einladung. Es ist mir eine Ehre, vor Ihnen sprechen zu dürfen!
Uns Gegnern wird ja vorgeworfen, es gehe uns gar nicht mehr um den Bahnhof als solchen. Jawohl, das stimmt! Es geht längst um mehr und um anderes.

Es geht ums Vertrauen, um viel Vertrauen, das verlorengegangen ist. Es geht um eine Entfremdung zwischen den Bürgern und den führenden Kräften unseres Landes, wie es das hierzulande noch nie gegeben hat. Und deshalb muss es uns allen in Zukunft um die Wiederherstellung des Friedens in unserer Stadt gehen, erst recht jetzt nach der Wahl.

Das zum Grundsätzlichen. Das wäre meine Botschaft heute abend.
Und jetzt dazu zum Unterstreichen noch ein paar Gedankengänge:
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Rede von Guntrun Müller-Enßlin am 12. September

Was die Mitunterzeichnerin der Gemeinsamen Erklärung „Pfarrerinnen und Pfarrer gegen S21“ am 12. September 2011 bei der 91. Montagsdemo gesagt hat, finden Sie hier:
http://www.youtube.com/watch?v=tXdChvFBzic

Stuttgart 21: Viel zerstört – nichts gewonnen !

… war das Motto der Demo am 26. 08.2011, gegliedert in sieben Unterthemen:
•    Nordflügel abgerissen – nichts gebaut.
•    Bäume ausgerissen – nichts erschaffen.
•    Stadt verschandelt – nichts geschafft.
•    Planung verpfuscht – nichts geleistet.
•    Steuergeld verbrannt – nichts geliefert.
•    Bürger missachtet – nichts gelernt.
•    Parlamente belogen – nichts respektiert.

Zu Bürger missachtet – nichts gelernt
hier das Votum von Karl Martell,
Mitunterzeichner der Gemeinsamen Erklärung
„Pfarrerinnen und Pfarrer gegen S21“:
http://www.youtube.com/watch?v=19lo4sBRDEw

SPD-Minister müssen sich äußern, um Schaden vom Land abzuwenden!

Offener Brief
an die SPD-MinisterInnen
der baden-württembergischen Landesregierung
namentlich an die Herren
Nils Schmid, Rainer Stickelberger und Reinhold Gall

 Sehr geehrte Damen und Herren,

ich schreibe Ihnen als Mitglied der Initiative „Pfarrer/innen gegen Stuttgart 21“. Wir haben im Dezember 2010 in unserer von inzwischen über 1000 ChristInnen unterzeichneten „Gemeinsamen Erklärung“ (www.s21-christen-sagen-nein.org/gemeinsame-erklarung-von-theologinnen/) unsere vielfältigen Bedenken gegen das Projekt „Stuttgart 21“ zum Ausdruck gebracht.

Inzwischen sind viele weitere skandalöse Details zu diesem Projekt bekannt geworden. Ich bin irritiert, dass von den SPD-Landesministern dazu nichts zu hören ist. Sie haben bei Ihrem Amtsantritt geschworen, Schaden vom Land abzuwenden. Da ist es eine Frage der Glaubwürdigkeit, dass Sie zumindest zu den schwerwiegendsten Vorkommnissen öffentlich Stellung beziehen.

Es sind klare Belege dafür bekannt geworden, dass die Bahn für Stuttgart 21 schon bei Vertragsabschluss wesentlich höhere Kosten angenommen hatte, als von ihr öffentlich behauptet.
Es ist vom ehemaligen Bahn-Chefplaner Hany Azer eine Liste von 121 zum Teil sehr teuren Risiken für das Projekt erstellt und von den Medien teilweise veröffentlicht worden.
Hier droht Milliardenschaden für das Land. Ein Finanz- und Wirtschaftsminister, der sein Amt ernst nimmt und Schaden vom Land und seinen BürgerInnen abwenden will, darf zu solch unkalkulierbaren und vom Parlament nicht genehmigten Kosten – die schließlich wesentlich von den BürgerInnen dieses Landes zu tragen sind – nicht schweigen.

Es sind klare Belege dafür bekannt geworden, dass die Deutsche Bahn AG als Vertragspartnerin der Landesregierung wissentlich falsche Angaben zu den Kosten von Stuttgart 21 gemacht hat.
Dieselben Belege zeigen, dass die Vorgänger-Regierung über diese von der Bahn bewusst zu niedrig angegebenen Kosten informiert war, aber trotzdem Parlaments-Beschlüsse zum Projekt herbei geführt hat, die von falschen Kostenangaben ausgehen.
Hier stehen massive Rechtsbrüche gegenüber dem Land, seinem Parlament und seinen Bürgern im Raum. Ein Justizminister, der sein Amt ernst nimmt und Schaden vom Land abwenden will, darf dazu nicht schweigen.

Es ist zu befürchten, dass die Bahn den Südflügel abreißt, noch vor dem von der Landesregierung geplanten Volksentscheid über einen Ausstieg des Landes aus dem Projekt und damit eine solche Abstimmung teilweise gegenstandslos macht.
Es ist bekannt, dass für den Volksentscheid ein Drittel der Wahlberechtigten mit Ja stimmen müsste (also mehr  Wahlberechtigte als insgesamt die gegenwärtige Regierung gewählt haben), dass damit also die Änderung eines einfachen Gesetzes offenbar einer höheren Legitimität bedürfte als sie die ganze Regierung hat.
Hier wird die Demokratie beschädigt und eine Chance zum Frieden vertan. Ein Innenminister, der sein Amt ernst nimmt und Schaden vom Land abwenden – gar das Land zu einem „Leuchtturm demokratischer Beteiligung“ machen will –, darf dazu nicht schweigen.

Ich rufe deshalb die SPD-Minister dieser Landesregierung auf:

  • Bestehen Sie gegenüber dem Projekt„partner“ Deutsche Bahn AG auf einem unbedingten und vollständigen Bau- und Vergabestopp bis zur Klärung aller Finanz- und Risikofragen zu Stuttgart 21 – mindestens aber bis zum Volksentscheid (damit dieser überhaupt noch Sinn machen kann)!
  • Fordern Sie vom Projekt„partner“ Deutsche Bahn AG vollständige Akteneinsicht in alle Unterlagen zu Finanzierung und Baurisiken!
    (Es geht nicht an, dass der „Stern“ besser informiert ist als die Landesregierung.)
  • Lassen Sie alle rechtlich fragwürdigen Aspekte des Projekts schnellstmöglich von Gerichten überprüfen! (Es geht nicht an, dass sich das Land Baden-Württemberg an einem Bauprojekt beteiligt, das womöglich in Teilen illegal ist.)
  • Sollte die Bahn auf Ihre Forderungen nicht eingehen, kann sie für das Land Baden-Württemberg keine Partnerin zum Wohl
    des Landes
    mehr sein. Für das Land entfällt damit die Geschäftsgrundlage. Überweisen Sie unter diesen Umständen keinerlei Gelder an die Bahn (bzw. mit ausdrücklichem Rückzahlungsvorbehalt) und arbeiten Sie auf eine Kündigung der
    Verträge
    hin!
  • Schaffen Sie die rechtlichen Voraussetzungen dafür, dass sich die Landesregierung am tatsächlichen mehrheitlich geäußerten
    Willen der Bevölkerung orientiert
    und diesen nicht wegen eines undemokratischen Quorums übergeht!

Helfen Sie bitte zu verhindern, dass die SPD sich vollends unmöglich macht:

Versuchen Sie nicht, durch Wegtauchen der SPD in diesen Fragen, unbeschädigt zu bleiben! – Die WählerInnen wählen keine Partei ohne
erkennbares Profil.
Erliegen Sie nicht der Versuchung: Wer jetzt die CDU am besten schont, wird nach einem etwaigen Zerfall der Grün-Roten Koalition zum neuen Regierungs-Partner der CDU! – Sie verlieren so Ihre restliche Glaubwürdigkeit.
Setzen Sie nicht darauf, durch Zurückhaltung einen guten Eindruck bei der konservativen Wirtschaft zu machen und dadurch von dort Spenden zu bekommen! – Sie brauchen auch Wähler!

Dieses Schreiben geht auch an 38 Adressaten in sämtlichen regionalen Geschäftsstellen der Landes-SPD, sowie an einen breiten Presseverteiler.

Mit freundlichen Grüßen,
Martin Poguntke

unterstützt von: Friedrich Gehring und Gunther Leibbrand

Warum ich als Christ gegen Stuttgart 21 bin – Redebeitrag beim Frühstück am GWM

Warum ich gegen „Stuttgart 21“ bin
Mindestens 300 alte Großbäume mitten in unserer Feinstaub belasteten Stadt sollen abgeholzt werden, um einem Milliarden teuren, verkehrlich überflüssigen Tiefbahnhof sowie einem Immobilienprojekt Platz zu machen.
Warum eigentlich?
Antwort: „Weil es sich rechnet“ – für die großen Baukonzerne, für die Banken, für die Deutsche Bahn.
Das ist offenbar die wichtigste Frage im Leben geworden: Ob es sich rechnet?
Dem wird heutzutage alles untergeordnet: Menschen, Tiere, Pflanzen, Luft, Wasser, Erde.
Geld wird gewinnbringend vermarktet. Warum sollte man es auch zur Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse sozialer, pädagogischer, ökologischer Art nutzen, wenn man es doch zu noch mehr Geld machen kann?
Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums steht nur noch im Grundgesetz (Art. 14,2), gleichsam wie ein vergessenes Relikt aus vergangenen Zeiten. Dass Kapitalinteressen auch sozialer Fürsorge und Verantwortlichkeit für die Schwächeren verpflichtet sind, dieser Grundsatz sozialer Marktwirtschaft ist in der Realität längst aufgegeben.
Die Ökonomie ist totalitär geworden. Alles beherrschend. Alternativlos.
Alles andere ist Nebensache geworden, Mittel zum Zweck. Lediglich Material, das gewinnbringend ausgebeutet werden kann.
Für dieses Denken steht „Stuttgart 21“ beispielhaft.

Warum ich als Christ gegen Stuttgart 21 bin
Weil die Bibel gegen eben dieses Denken und das daraus folgende Handeln Widerspruch einlegt.
Ihr Grundsatz von der ersten bis zur letzten Seite lautet: „Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen“ – Psalm 24,1.
„The world is not for sale“ – die Erde: Bäume, Menschen, Tiere, Pflanzen, Wasser, Luft ist kein käuflicher Gegenstand, den man wie einen Fernseher billig produzieren oder einkaufen und teuer weiter verkaufen kann.
Die Erde kommt nicht aus der Fabrik , sondern von Gott. Sie ist Gottes Schöpfung, uns und all jenen, die nach uns kommen, anvertraut als Lebensraum. Ebenso den Tieren, den gleichfalls gesegneten Geschöpfen Gottes (1. Mose 1, 22).
Die Erde gehört Gott. Wir dürfen sie nutzen.  Und wie gehen wir mit der Erde um?
Dabei sind wir Menschen sind zu Treuhändern der Schöpfung Gottes berufen.

Warum ich mich für die Teilnahme an einer Blockadeaktion entschieden habe
Weil unsere sachlichen Argumente, Einwände und Vorschläge von den Betreibern nicht gehört werden.
Weil die „guten Argumente der Befürworter“ keinem anderen Zweck dienen, als jegliche Diskussion zu unterdrücken und sie obendrein rein propagandistischen Charakter zur Durchsetzung von Kapitalinteressen haben.
Weil „Stuttgart 21“ nicht alternativlos und unumkehrbar ist („There are thousends of alternatives“ anstelle „There is no alternative“!)
Weil „laisser – faire“ und sich raushalten für mich keine christlich zu verantwortenden Haltungen sind.
Weil ich persönlich überzeugt bin, dass Jesus recht hatte, als er sagte:
„Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“!

Wolfgang Schiegg

Presseerklärung zum Frühstück am GWM

Am 29. 7. 2011 versammelten sich ab 5.30 Uhr etwa 130 Akteure, um dem Aufruf der Initiative „S 21 – Christen sagen nein“ zu folgen und zivilen Ungehorsam zu zeigen an der Einfahrt zum Grundwassermanagement für Stuttgart 21. Zwei Banner an der Einfahrt verkündeten das Ziel der Gruppe: „Schöpfung bewahren, nicht dem Mammon opfern“ und „S 21 verhindern, die Schöpfung bewahren“.

Blockade 29.07.11In kurzen Ansprachen wurde begründet, warum die versammelten Christen zu diesem Mittel der Sitzblockade greifen wollten. Als äußerer Anlass wurde genannt, dass die Gruppe „Ingenieure 22“ vor kurzem mit guten Gründen vor einer Verseuchung des Grundwassers mit jährlich etwa 33 Tonnen Eisen in Form von Rost gewarnt haben, weil entgegen den Auflagen der Planfeststellung Rohre ohne inneren Rostschutz verwendet würden, um 5-10 Mio. € zu sparen. Zudem habe die Bahn selbst eingestanden, wesentlich mehr Grundwasser entnehmen zu müssen als genehmigt. Deswegen stellten die Christen die Rechtmäßigkeit der Bauarbeiten in Frage.
Als grundsätzlicher Einwand gegen das Projekt Stuttgart 21 wurde angeführt, dass hier wie bei der Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Bevölkerung vernachlässigt werde, um den Profit einiger weniger zu steigern. Die Ökonomie sei totalitär geworden, alles beherrschend, angeblich alternativlos.
Für Christen gelte aber: „Die Erde ist des Herrn“ (Ps 24,1). Deshalb sei die Schöpfung nicht „for sale“. Angesichts der zerstörerischen Profitgier, die von Jesus als „Mammon“ bezeichnet wird, könnten sich Christen auch im Blick auf Stuttgart 21 nicht heraushalten. Jesus stelle vor die Entscheidung: „Ich könnt nicht Gott und dem Mammon zugleich dienen.“ (Mt 6,24) Die Christen wollten mit ihrer Aktion hier und jetzt zeigen: „Wir haben uns für Gott und seine Schöpfung entschieden.“

Eine Konfrontation mit Baufahrzeugen blieb aus, die zahlreich aufgetauchten Polizisten mussten nicht eingreifen. Schließlich wurde noch ein Artikel aus der Süddeutschen Zeitung vom Tage dankbar bejubelt, in dem Stuttgart 21 als das dümmste Großprojekt bezeichnet wird.

Friedrich Gehring

Kirche mit Weitblick

Die „Kirche mit Weitblick“  will die Aufgaben der Kirche und des Gottesdienstes in der Welt verstärkt voranbringen.
Viele Menschen, die hinter unserer Gemeinsamen Erklärung zu Stuttgart 21 stehen, unterstützen ebenso dieses Aktionsbündnis.
Ein Blick auf die Webseiten der „Kirche mit Weitblick“ lohnt sich:
http://kirchemitweitblick.de/

Frühstück der Christinnen und Christen gegen S21 am Grundwassermanagement

Freitag, 29. Juli 2011, ab 5:30 Uhr,
an der Einfahrt zum Grundwassermanagement, Straße Am Schlossgarten
(gegenüber Südflügel des Hauptbahnhofs).
Eingeladen sind alle Christinnen und Christen gegen S21

Dr. Geißlers Hokuspokus oder: So tun, als ob

Alle Welt starrt wie das Karnickel auf die Schlange auf den Stresstest und hofft und fürchtet. Warum tun wir uns das eigentlich an? Er ist eine Folge der von Heiner Geißler moderierten Gespräche. Niemand ist verpflichtet, sich seinem Ergebnis zu unterwerfen.
Es wird nur so getan, als ob von dem Stresstest irgendetwas abhinge.

1. Den ich rief, den Geißler, werd‘ ich nun nicht los!
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Keine Chance zur Mitsprache

Bürger, kritische Initiativen und Fachleute hatten bei Planungen und parlamentarischen Entscheidungen keine Chance zur Mitsprache oder Beteiligung.

Nicht nur an Stammtischen wird den Kritikern von S21 der Vorwurf gemacht, sie kämen mit ihrem Protest zu spät. Seit 1994 werde das Projekt geplant und öffentlich erörtert. Warum haben sie sich nicht früher zur Wort gemeldet und die Chancen des Einspruchs gegen das Vorhaben genutzt?
Dieser Vorwurf ist schlicht falsch und verkennt die Faktenlage. Weiterlesen

OFFENER BRIEF an Dr. Heiner Geißler

Stuttgart, 30. Juni 2011

Sehr geehrter Herr Dr. Geißler!
Im Vorfeld des Stresstests besteht angesichts diverser Äußerungen vonseiten der Bahn die Gefahr, dass wesentliche Elemente des „Schlichtungs“-Prozesses aufgeweicht werden oder in den Hintergrund treten. Wir bitten Sie als Moderator deshalb um einige klärende Äußerungen.
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GEWALT IST ABZULEHNEN

Gewalt als Methode, um Interessen durchzusetzen,
ist abzulehnen

Abzulehnen ist körperliche Gewalt gegen Menschen, die deren Leib und Leben in Gefahr bringt und ihre Gesundheit aufs Spiel setzt.
Abzulehnen ist Gewalt gegen die Umwelt, gegen Landschaften mit ihren Lebewesen, gegen Bäume, Pflanzen, Gewässer, die unseren Lebensraum und die Grundlage unserer Gesundheit und Lebensqualität bilden.
Abzulehnen ist Gewalt gegen Dinge. Hierunter fällt die Sachbeschädigung von Baumaterialien ebenso wie die Zerstörung denkmalgeschützter Gebäude.
Abzulehnen ist verbale Gewalt, die Sachverhalte und Wahrheiten verdreht, verschweigt, aufbauscht, frisiert, klein oder groß redet und damit die Realität manipuliert und Menschen wie Verbrecher an den Pranger stellt.
Abzulehnen ist mediale Gewalt, die einseitig unüberprüfte Behauptungen streut, vervielfältigt und dadurch Hetzkampagnen anzettelt, die Schäden an der Psyche einer Allgemeinheit anrichtet und ihr Klima vergiftet.
Abzulehnen ist strukturelle Gewalt, die Menschen ver-ge-waltigt, indem sie mit der Ignoranz und Arroganz der Macht über berechtigte Anliegen hinweggeht, die täuscht, trickst, lügt, betrügt und Menschen in unverschämter Dreistigkeit an der Nase herumführt und für dumm verkauft.

Gewalt provoziert neue Gewalt.
GEWALT IST ABZULEHNEN.

Guntrun Müller-Enßlin

Stresstest für Bahnhof und Schlichtung

Am 14. Juli will die Bahn das Ergebnis ihres „Stresstests“ präsentieren. Eine Diskussion über die Bewertung der Ergebnisse ist erkennbar nicht beabsichtigt; denn die Bahn will wesentliche Großaufträge schon am Tage darauf, dem 15. Juli, vergeben und nicht etwa die weiteren Schritte von irgendeiner Diskussion über die Bewertung der Ergebnisse des „Tests“ abhängig machen. Damit macht sie die Präsentation zu einer bloßen Formalie, von der inhaltlich nichts abhängt.

Diese Einschätzung von Christoph Strecker –  Richter a.D. und Mediator  geben wir hier aus aktuellem Anlass wieder.
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„Das Projekt ist heute so unsicher wie nie zuvor“

So schätzt Dr. Brigitte Dahlbender, Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg, die Situation ein. Wir dokumentieren ihre bemerkenswerte Rede, die sie bei der Montagsdemo am 30.5.2011 gehalten hat.
An diesem Tag hatte sich nach dem Regierungswechsel der Lenkungskreis  zu S21 erstmals in veränderter Besetzung getroffen.

Hier ihr Text: Weiterlesen

Sind die Beschlüsse zu Stuttgart 21 ethisch legitimiert ?

1.  Wichtige Vorhaben müssen ausreichend und öffentlich diskutiert werden
Einer der Gründe, aus christlicher Überzeugung S 21 abzulehnen, liegt in der Verweigerung einer offenen Auseinandersetzung über das ganze Projekt. Die Kirchen wie auch die Politik fordern bei solchen Großprojekten klare Regeln für das Zustandekommen von Beschlüssen.

Die Befürworter des Bahn- und Immobilienprojektes Stuttgart 21 berufen sich darauf, dass alle parlamentarischen Gremien, u.a. Gemeinderat und Landtag, dem Projekt mit großer Mehrheit zugestimmt haben. Wenn es aber um ein Vorhaben dieser Größenordnung geht („größtes Bauprojekt Europas“ O-Ton der Betreiber), dessen Verwirklichung sich seit mehr als 17 Jahre hinzieht, ist eine solche formale Legalität nicht ausreichend. Zum einen, weil beim Zustandekommen der Beschlüsse kein offener Diskurs stattfand. Zum anderen haben sich in der Zwischenzeit die Rahmenbedingungen gründlich geändert.
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mit der Gemeinsamen Erklärung „Theologinnen und Theologen zu Stuttgart 21“

Montagsdemo 23.05.2011 – Ansprache von Jürgen Schwab

Liebe Freundinnen und Freunde des Kopfbahnhofes!
Ich beginne meine Rede mit einem Witz. Ein Mann steht an der Klagemauer in Jerusalem, plötzlich klingelt sein Handy. Gott höchstpersönlich ist am Apparat, und der Mann ergreift die einmalige Chance, Fragen zu stellen. „Stimmt es, Gott, daß 500 000 Jahre für Dich wie ein Tag sind?“ „Natürlich“, antwortet Gott“. “Und 500 000 Dollar sind für Dich wie ein Dollar“? „Ja“, sagt Gott.
Darauf der Mann: „Dann gib mir einen Dollar“. Gott entgegnet: „Warte einen Tag“.
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Chronologie der Kritik und des Widerstandes gegen Stuttgart 21, 1994 – 2010

Immer wieder wird den Kritikern von S 21 vorgeworfen, sie kämen mit ihrer Kritik zu spät. Warum haben sie nicht die Chancen des Einspruchs gegen das Vorhaben genutzt? Diese Meinung entspricht nicht den Tatsachen. Ein Blick in die Geschichte lehrt.
„Die Unterstellung, dem heutigen Konflikt sei ein hinreichender Zeitraum demokratisch offener Entscheidungsfindung vorausgegangen, ist historisch schlichtweg falsch.“  (Andreas Zielcke, Süddeutsche Zeitung 19.10.2010)
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Für eine lebendige Stadt begeistert auf-er-stehen – Gottesdienst im Park am 15.5.2011

Ein ganz herzliches Willkommen an Sie alle, liebe Gottesdienstbesucherinnen und Gottesdienstbesucher,
liebe Bewegte, die Sie von innerhalb und außerhalb dieser Stadt hierher gekommen sind, wo wir an einem der schönsten Plätze Stuttgarts diesen Gottesdienst feiern wollen.

Zu Anfang ein kurzer Spot rückwärts: Es war am 5. April 2010, am Ostermontag, hier an diesem Ort: Damals haben wir den ersten Gottesdienst im Schlossgarten gefeiert unter dem Motto „Sucht der Stadt Bestes“. Ich freue mich sehr, dass Sie heute, etwas mehr als ein Jahr später an diesem Sonntag zwischen Ostern und Pfingsten dabei sind, vielleicht zum ersten Mal, vielleicht sind Sie aber auch wieder dabei  – und wenn es so ist, dass Sie wieder dabei sind, dann geht es Ihnen vielleicht so wie mir: Das Jahr, das seither vergangen ist, zieht an mir vorbei und angesichts der unglaublichen Geschichte, die sich in Stuttgart seither vollzogen hat, bin ich immer noch von den Socken und möchte dann und wann sagen: He, kneift mich mal, ich glaub, ich träum. Kein Stückeschreiber hätte besser erfinden, kein Regisseur besser in Szene setzen können, was da als atemberaubende Realität ihren Lauf genommen hat mit uns Bürgerinnen und Bürgern als Akteuren.  Der Gottesdienst heute ist denn auch alles andere als ein Déjà Vue. Damals vor einem Jahr hatten wir in Analogie zum Proprium von Ostern, der Auferstehung, gerade begonnen, aufzustehen. Der Aufstand  war noch jung, wir hatten uns gerade auf den Weg gemacht, das Beste für unsere Stadt zu suchen, wir hatten zu träumen begonnen und gewagt unseren Träumen zu folgen, wir hatten appelliert an die Stadtoberen, unseren Argumenten zuzuhören. Mir kommt das heute fast vor wie in einem anderen Leben. Denn was klein anfing, hat sich zu einer mächtigen Bewegung entfaltet, beispiellos in Stuttgart, beispiellos in ganz Deutschland. Blitzlichter flammen vor mir auf: Bauzaunaufstellung, Nordflügelabriss, Schwarzer Donnerstag, Faktencheck, die folgende Depression, die Ereignisse um Fukushima, schließlich die Wahlen und ihr sensationelles Ergebnis, und schließlich, letzten Donnerstag, die Vereidigung der neuen Landesregierung  mit Winfried Kretschmann als erstem grünem Ministerpräsidenten in Deutschland. Weiterlesen

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Schöpferische Nachfolge

Eine theologische Analyse zum politischen Engagement von Kirche – auch gegen Stuttgart 21

„In der Bibel finden wir keine konkrete Weisung für oben bleiben oder nach unten bauen“ – schrieb der Stuttgarter Prälat Ulrich Mack im Blick auf das umstrittene Projekt „Stuttgart 21“ in seinem Neujahrsbrief 2011 an kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Freunde und Bekannte sowie an der Kirche Interessierte.
Seit Luther ist es unter Protestanten üblich, Streitfragen sowohl bei theologisch – kirchlichen als auch bei gesellschaftlich – politischen Themen von der Bibel und schwerpunktmäßig vom Neuen Testament her, von dem, „was Christum treibet“ (Luther), zu entscheiden. Das Dilemma hierbei ist, wie so oft im theologischen Disput, dass sich alle Konfliktparteien flugs auf die Bibel berufen, um ihren Meinungen die nötige theologische Legitimation und Autorität zu verleihen.
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Wie konnte ihr Glaube nur so blind sein ?

1. Wie konnte ihr Glaube so blind sein?
In der Rückschau fragt man oft: Wie konnte der Glaube der Christen angesichts von Unrecht, Sklaverei, sozialer Missstände, staatlicher Terror, Zerstörung der Schöpfung usw. so blind sein?
Selina Moll, eine Mitunterzeichnerin der Gemeinsamen Erklärung,  erzählt uns von einer Kirchenkonferenz reformierter Kirchen in Akkra im Jahre 2004. Die Teilnehmer machten einen Besuch in einer ehemaligen Sklavenfestung an der afrikanischen Küste. Sie schilderten ihren Eindruck: „In der Festung Elmina an der Küste Ghanas lebten die holländischen Kaufleute, Soldaten und der Gouverneur auf der oberen Etage, während die Sklaven darunter, eine Etage tiefer eingekerkert waren und auf ihren Transport nach Amerika warteten. Oben beteten die frommen Christen ihre Psalmen, während Men-schen unter ihren Füßen in Ketten gelegt im Horror jenes Verlieses schmachteten. Wer heute diese Festung besichtet, fragt sich fassungslos und verstört: Wie konnten sie ihren Glau-ben so gänzlich von ihrem Leben abspalten? Wie konnten sie ihre spirituelle Erfahrung so gänzlich von dem qualvollen körperlichen Leiden direkt unter ihren Füßen trennen? Wie konnte ihr Glaube so blind sein?“
In der Vergangenheit ist dies nicht das einzige Versagen von Kirche und Christen. Es fällt sicherlich nicht schwer, hierzu weitere Beispiele zu finden.

2. Die Botschaft der Bibel ist eindeutig
Warum haben die Christen ihren Glauben nicht ernst genommen und wirklich so gelebt, wie es dem Willen Gottes entspricht? Denken wir nur an das Doppelgebot der Liebe Matthäus 22, 37ff, oder die Bergpredigt Matthäus 5ff und Lukas 6.
Wir hören von einem Glauben, der sich in der Nächstenliebe äußern muss, sonst ist er kein rechter Glaube. Aus dem Glauben folgt das richtige Handeln. Glauben darf nicht belangloses Denken, Meinen oder Reden sein, aus dem nichts folgt, sondern er muss aus sich heraus das rechte Tun setzen. Glaube ohne Werke ist kein wirklicher Glaube. Jakobus 2,14-24: So auch der Glaube, wenn er nicht gute Werke hat, so ist er tot in sich selber. Jesus: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Ein guter Baum bringt auch gute Früchte hervor. Matthäus 7,16.

3. Warum aber genügt Nächstenliebe nicht, warum sich auch noch politisch engagieren? Eine weit verbreitete Meinung – bis heute
Eine weit verbreitete Meinung lautet: die Kirchen (und die Christen) mögen sich auf religiöse Fragen und Probleme der individuellen Lebensführung beschränken, sie sollen sich unpolitisch verhalten und keine konkreten Forderungen zu politischen Gegenwartsfragen erheben. Persönlicher Glaube und Glaubensgehorsam ja, nein aber zu einer politischen Parteinahme zu Gegenwartsfragen.
Zwei Bibelstellen untermauern diese Meinung: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist.“ Mark 12 Vers 13-17 und Röm 13: „Seid untertan der Obrigkeit.“
Die grundsätzliche Kritik an diesem Denken:
Hier wird die Welt unzulässigerweise in zwei Bereiche eingeteilt: Auf der einen Seite die Kirche, die sich um das Seelenheil der Menschen zu kümmern hat. Auf der ande-ren Seite der Staat, die Verwaltung, die Wirtschaft, die Banken, die Industrie. In die-sen Bereichen herrschen bestimmte Zwänge und Eigengesetzlichkeiten, wirtschaftliche Gesetze usw.
Wenn unsere Welt nach solchen ehernen Gesetzmäßigkeiten abliefe, dann wären alle ethischen Überlegungen sinnlos. Dann wäre auch der Glaube für diese Welt belanglos. Der Umgang mit Kranken, Behinderten, Minderheiten usw. wäre allein von Zweckmäßigkeiten, angeblichen Sachzwängen bestimmt, es könnten vom Staat beliebige Werte proklamiert werden, wie z.B. Blut und Rasse, Apartheid, das Recht des Stärkeren.

4. Der persönliche Glaube allein genügt nicht, wir sind auch für die Welt um uns her verantwortlich
Jeder wird zustimmen, dass Glaube im persönlichen Leben Konsequenzen haben muss. Jetzt aber die entscheidende Frage: Warum genügt es nicht, persönlich Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft zu üben? Viele Menschen denken so, sie fühlen sich nicht für mehr als ihren privaten Umkreis verantwortlich.
Nächstenliebe im Alte Testament war die Zuwendung zu den Menschen, die mir nahe stehen: Familie, Sippe, Volk. Darüber hinaus durchzieht das Bemühen um Gerechtigkeit – im heutigen Sinne soziale Gerechtigkeit – das ganze AT und kommt vor allem in der Botschaft der Propheten zum Ausdruck. Das alles bleibt im NT gültig, ohne dass es eigens thematisiert wird.
Nächstenliebe im Neuen Testament am Beispiel des Barmherzigen Samariters bedeutet: Hier wende ich mich einem zu, der nicht zu meiner Sippe, Familie, ja noch nicht einmal zu meinem Volk gehört. Ich wende mich ihm zu, weil er meine Hilfe braucht, auch wenn ich ihm ganz zufällig begegnet bin. Nächstenliebe ist universal. Sie muss hineinwirken in ökonomische, politische und gesellschaftliche Strukturen, in denen geholfen wird.
Der Wille Gottes ist nicht nur im zwischenmenschlichen Bereich zu tun, sondern auch im Sozialverhalten und – was in den letzten Jahren stärker in den Blick kommt – im Verhältnis zur Schöpfung und der bedrohten Umwelt. Die Alternative zu einem rein privaten Christentum ist der Einsatz für strukturelle Gerechtigkeit, Kultur der Barm-herzigkeit, nachhaltiger Umgang mit Ressourcen, Wirtschaftsordnung zum Wohle aller, nicht nur der Starken, Reichen, Leistungsfähigen usw.
Die Kirche hat die Aufgabe, die Ursachen, Bedingungen und Auswirkungen wirt-schaftlicher und sonstiger Abläufe und Geschehnisse aufzudecken, über Wege zu ihrer Beeinflussung nachzudenken und scheinbaren Sachzwängen gegenüber die Freiheit des Menschen zu verantwortlichen Entscheidungen ins Spiel zu bringen.

5. Wie konnte ihr Glaube so blind sein?
Bei Stuttgart 21 geht es nicht um einen Bahnhof, ob er oben oder unten gebaut werden soll. Diese Frage wäre wohl schnell entschieden, wenn es nur die Lösung des Tiefbahnhofs gäbe. Das aber ist nicht der Fall. Spätestens seit der sogenannten Schlichtung wissen wir: Es gibt mit Erhalt und Ertüchtigung des Kopfbahnhofs eine bessere Alternative ohne Zerstörung des Parks und seiner Tierwelt, ohne Gefährdung der Mineralquellen, ohne all die weiteren Risiken, die in den letzten Wochen und Monaten ans Tageslicht gelangt sind.

Kann christlicher Glaube all diesen Erkenntnissen gegenüber blind sein?
Es ist zu hoffen, dass man die Befürworter von S 21 im Rückblick nicht die Frage stellen muss: „Wie konnte ihr Glaube so blind sein?“

Hans-Eberhard Dietrich, Pfarrer

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mit der Gemeinsamen Erklärung „Theologinnen und Theologen zu Stuttgart 21“

Das „hohe C“ der CDU – Anspruch und Wirklichkeit

Der CDU geht es wie jeder anderen Partei und im Übrigen auch den Kirchen: zwischen den selbst gesetzten Ansprüchen, Vorsätzen und Zielsetzungen und der realen Politik herrscht eine mehr oder minder große Kluft. Wenn ich mir nun das Grundsatzprogramm der CDU, beschlossen beim 21. Parteitag vom 3./4. 12. 2007, anschaue und dann einen aktuellen politischen Faktencheck durchführe, ergibt sich eine interessante Beobachtung. Viele Aussagen des Grundsatzprogramms kann ich voll unterstützen, denn da wird sehr viel Richtiges und Wertvolles über die speziellen Herausforderungen der Zeit, über Familie und Gesellschaft, über Schöpfung und Umwelt, Menschenwürde, Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit, soziale Marktwirtschaft, Bildung und Kultur gesagt, und viele dieser Aussagen beinhalten auch eine erkennbare Affinität zu Grundüberzeugungen des biblisch – christlichen Glaubens. Schaue ich mir nun aber die konkreten politischen Entscheidungen an, für die die CDU im Bereich der Bildungspolitik, Energiepolitik, Militärpolitik, Sozialpolitik, Wirtschaftspolitik, Entwicklungspolitik und auch bei „Stuttgart 21“ konkret steht, muss ich leider feststellen, dass es zwischen deren Positionen und Entscheidungen in den konkreten Sachfragen und den meinigen so gut wie keine Übereinstimmung gibt.
Die hehren Aussagen des Parteiprogramms spielen im politischen Alltagsgeschäft offensichtlich keinerlei entscheidende Rolle, dafür aber umso mehr die ökonomischen Interessen der „Starken“, die bedient werden.

Dies sei an zwei konkreten Beispielen belegt.
Da liest man im Grundsatzprogramm, die CDU wolle ihren „Nachkommen eine Welt bewahren und hinterlassen, die auch morgen noch lebenswert ist“, denn „die nachfolgenden Generationen haben ein Recht auf wirtschaftliche Entwicklung, sozialen Wohlstand und eine intakte Umwelt“. Zugleich steht diese Partei seit nunmehr 50 Jahren ungebrochen für Atompolitik und damit nolens volens auch für die Herstellung von Massenvernichtungswaffen, deren Zerstörungsqualität alles übersteigt, was ein normaler Mensch sich vorstellen kann. Und auch die zivile Nutzung der Atomtechnik bedroht die Schöpfung wie keine andere Technik, zumal es bis zum heutigen Tag für den hochradioaktiven Atommüll kein sicheres Endlager gibt und wohl auch nie geben wird. Deshalb lässt man über Jahre den Müll im Atlantik verklappen, wo er als Zeitbombe vor sich hinmodert, oder lagert ihn z.B. in das angeblich 1000 Jahre sichere Endlager Asse in Niedersachsen ein, wo er nun – wie schnell die Zeit doch vergeht! – für über 3 Milliarden Euro auf Kosten der Steuerzahler wieder herausgeholt werden muss, nachdem nun endlich offiziell festgestellt wurde, was man im Grunde schon von an Anfang wusste, dass der Salzstock als Endlager nicht geeignet, weil nicht trocken, ist. Gutachter prognostizieren heute für den Berg, in dem 127 080 teils offene oder gebrochene Atommüllfässer, unter anderem 28,6 Kilogramm Plutonium (Halbwertzeit etwa 24000 Jahre) lagern, eine Standfestigkeit bis 2020. Seit 1988 flossen und fließen immer noch täglich 12 000 Liter Salzlauge aus dem Deckgebirge zu. Dieses Deckgebirge hat Kontakt zum Grundwasser, es gehört also zu der dem Menschen zugänglichen Biosphäre. Und schon in den 90 – er Jahren wurde in der besagten Lauge radioaktives Caesium 137 nachgewiesen, was aber vor der Öffentlichkeit zunächst verheimlicht und schließlich in seiner Gefährlichkeit heruntergespielt wurde. Damit „liegt heute die, vorsichtig formuliert, problematischste Atomanlage Deutschlands, wenn nicht gar Europas: das Atommülllager im ehemaligen Salzbergwerk Asse.“ (Quelle: Meinrad Heck, Asse im Ärmel, Wie die Öffentlichkeit von Politik und Atomlobby im Skandal um das niedersächsische Salzbergwerk planmäßig in die Irre geführt wurde, in: J.O. Freudenreich, die Taschenspieler, S. 123 ff).
Auch die andere Technik des 20. Jhdts., deren nachhaltige Gefährlichkeit ein ähnlich bedrohliches Vermächtnis für zukünftige Generationen darstellt wie die Atomtechnik, nämlich die Gentechnik, wird von der CDU offensiv vorangetrieben. Über 70 Prozent der deutschen Bevölkerung lehnt nachweislich die Gentechnik in Lebensmitteln ab. Schon dies müsste ein Grund sein, als „Volkspartei der Mitte“, die sich „an alle Menschen und alle Schichten und Gruppen in unserem Landet wendet“, hier ein restriktive Politik zu verfolgen. Das Gegenteil ist der Fall. Die CDU Niedersachsen unter dem damaligen Ministerpräsidenten Wulff etwa erklärte die Gentechnik für ethisch vertretbar, ökonomisch und ökologisch geboten. 2009 forderte der heutige Bundespräsident Wulff gegen das Ansinnen der Verbraucherministerin Ilse Aigner, die Aussaat von genmanipuliertem Mais zu verbieten, von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zum Einsatz der Gentechnik in Deutschland. Die Gentechnologie sei eine Zukunftstechnologie, die ihren Platz in Deutschland haben müsse.
Dazu kommt, dass die Vorbehalte der Bevölkerung gegen Gentechnik in Lebensmitteln durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts untermauert werden, das 2010 feststellte: „Mit der Möglichkeit, gezielt Veränderungen des Erbgutes vorzunehmen, greift die Gentechnik in die elementaren Strukturen des Lebens ein. Die Folgen solcher Eingriffe lassen sich, wenn überhaupt, nur schwer wieder rückgängig machen.(…) Angesichts eines noch nicht endgültig geklärten Erkenntnisstandes der Wissenschaft bei der Beurteilung der langfristigen Folgen eines Einsatzes der Gentechnik trifft den Gesetzgeber eine besondere Sorgfaltspflicht“. Der Gesetzgeber hat „in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen“. (http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg10-108)

Fazit: Eine Partei, die eine konkrete Politik betreibt, die gegen die eigenen ideellen Grundsätze verstößt und dazu noch vielfach den Willen der Bevölkerungsmehrheit missachtet (u.a. auch beim Projekt Stuttgart 21), ist schlicht unglaubwürdig und hat es verdient, wenn ihr das Vertrauen entzogen wird.

Wolfgang Schiegg, Pfarrer

Dürfen Christen CDU wählen?

Ja, Christen dürfen wählen, was sie wollen, denn sie sind freie Menschen und „niemandes Knecht“ (Luther). Aber welche Partei sie auch wählen, sie fragen natürlich, ob die Politik dieser Partei den Grundsätzen ihres Glaubens nahe kommt.

Eine „christliche“ Partei gibt es nicht. Alle demokratischen Parteien hierzulande haben Elemente christlicher Ethik in ihrer Politik, und in allen demokratischen Parteien hierzulande gibt es Christen (vermutlich sogar den jeweils gleichen Prozentsatz). Wenn sich allerdings eine Partei selbst „christlich“ nennt, dann sehen wir als Christen natürlich besonders genau hin.

Hier ist nicht Raum für eine vollständige Analyse der Politik der CDU, auch nicht für die Berücksichtigung verschiedener Strömungen. Ich beschränke mich auf die fünf augenfälligsten Punkte, an denen die vorherrschende Politik dieser Partei für Christen nicht akzeptabel ist. Dabei hoffe ich, dass ich eine Diskussion anstoße, die über die hier nur thesenhaft mögliche Darstellung hinaus führt.

  1. Die CDU vertritt die Ideologie des unbegrenzten Wachstums.
    Das ist für Christen Götzenglaube. Christen wissen um die Begrenztheit der Schöpfung. Sie fordern deshalb eine Politik, die nicht die begrenzten Ressourcen so weit als möglich ausbeutet, sondern eine Politik, die diese Ressourcen so weit als möglich schont.
    Dazu ist eine Begrenzung des Wachstums erforderlich. Und dazu ist eine hoch entwickelte Technologie erforderlich, die nicht im Dienst der Profitmaximierung steht, sondern im Dienst des Menschen und einer bestmöglichen Pflege der Schöpfung.
  2. Die CDU vertritt die Ideologie des freien Marktes, der angeblich die Interessen in der Welt gerecht ausgleicht.
    Auch das ist Götzenglaube. Christen wissen, dass der freie Markt zum Sieg der Stärkeren über die Schwächeren führt. Sie glauben, dass wir Menschen (als „Stellvertreter Gottes“) in die Welt eingreifen sollen, um sie vor dem freien Spiel der Kräfte zu bewahren und Gottes Willen in sie hinein zu tragen. Deshalb fordern sie eine Politik, die nicht möglichst wenig eingreift ins Wirtschaftsgeschehen, sondern das Wirtschaftsgeschehen als den Ort versteht, in dem die entscheidenden Weichen für Wohl und Wehe der ganzen Welt gestellt werden – oder eben nicht.
  3. Die CDU hat kein Bewusstsein von der zerstörerischen Macht des Geldes.
    Auch vor dem Mammon müssen Christen warnen. Christen wissen, wie zerstörerisch Reichtum auf den Menschen wirkt (indem er Maßstäbe und Wichtigkeiten verzerrt und Leben zerstört), und fordern deshalb, dass Reichtum begrenzt und konsequent in den Dienst der Schwachen gestellt wird.
  4. Die CDU ist geprägt von einer bis zur Ununterscheidbarkeit reichenden personellen Verquickung mit den Starken der Wirtschaft (was sie als ihre „Wirtschaftskompetenz“ ausgibt).
    Das macht Christen skeptisch. Christen sind parteiisch für die Schwachen und nehmen deshalb die Starken in die gesellschaftliche Pflicht. Dieser Aufgabe kann eine Partei nicht nachkommen, die in wesentlichen Teilen selbst zu den Starken gehört.
  5. Die CDU hat ein gestörtes Verhältnis zu den Bürgern; sie will ihre Politik nicht wirklich vom Willen der Wähler kontrollieren lassen.
    Demokratie ist für Christen ein Projekt zur Kontrolle menschlicher Macht. Christen wissen um die Fehlbarkeit aller Menschen und fordern deshalb, dass auch politische Entscheidungen laufend von den Betroffenen überprüft werden können müssen – und gegebenenfalls korrigierbar sein müssen. Die CDU will solche Kontrolle begrenzen, weil sie befürchtet, dass Demokratie Investoren abschrecken könnte.

Es wird deutlich: Die CDU ist eine Partei, die Christen nach gründlichem Nachdenken über ihre eigenen Grundlagen aus grundsätzlichen Erwägungen nicht wählen können – nicht nur, weil sie Hauptbetreiberin des Projekts Stuttgart 21 ist.

Etliches hiervon ist auch anderen Parteien vorzuwerfen – aber die nennen sich wenigstens nicht „christlich“.

Martin Poguntke, 13.03.2011