Monatsarchiv: November 2015

Ansprache beim Parkgebet am 24. November 2015 von Pfarrer i.R. Gunther Leibbrand

Jutta liest Euch heute vor, was ich eigentlich selber tun wollte. Leider bin ich wegen einer zeitgleich sich treffenden Arbeitsgruppe der AnStifter verhindert – wegen unserer Solidarität mit Sant‘Anna di Stazzema. Aber ich bin in Gedanken und im Gebet und eben durch die hier vorgetragenen Überlegungen ganz bei Euch.

Am Dienstag dieser Woche saß ich deshalb an meinem Schreibtisch. Und deshalb auch unter dem Lehrtext zur Herrnhuter Tageslosung, der so lautete:
„und erlöse uns von dem Bösen“.
Es ist „das Böse“, das damals am 30.9.2010 wahrlich erschreckende Bilder heraufbeschwor – einschließlich des obligaten Chores der verharmlosenden Beschwichtigung im Sprachgebrauch fast aller Großkopferter, die darüber reden und schreiben, hier sei etwas „aus dem Ruder gelaufen“.
Das Gegenteil ist nun gerichtlich festgestellt: Am Schwarzen Donnerstag wurde das Recht von staatlichen Stellen eindeutig gebrochen.

Dieter Reicherter hat auf der Montagdemonstration dieser Woche hierfür klare und nüchterne Worte gefunden. Ich zitiere, wie er anhob:
„Liebe Freundinnen und Freunde der Gerechtigkeit,
manchmal geschehen doch noch Zeichen und Wunder! Zwar hatten wir auch schon in der Vergangenheit immer wieder Erfolge bei Stuttgarter Gerichten, was viele vergessen oder verdrängt hatten. Man denke nur an Entscheidungen zu den von der Versammlungsbehörde missbilligten Orten für unsere Demos, Baustopps, Freisprüche bei Nötigungsvorwürfen, Aufhebung von polizeilichen Maßnahmen beim Blockadefrühstück.
Jetzt aber hat das Stuttgarter Verwaltungsgericht für juristische Klarheit und Aufmerksamkeit in der ganzen Republik gesorgt. Alles, was vom polizeilichen Vorgehen am 30.9.2010 zur gerichtlichen Überprüfung anstand, wurde ohne Wenn und Aber für rechtswidrig erklärt: Platzverweise, Androhung des unmittelbaren Zwangs, Einsatz von Pfefferspray und Wasserwerfern. Von Schlagstockeinsätzen war keiner der Kläger betroffen, doch waren diese ebenso rechtswidrig“

Lassen Sie mich diese ruhigen Ausführungen Dieter Reicherters an „die Freundinnen und Freunde der Gerechtigkeit“, die ja auch heute Abend hier wieder zusammengekommen sind, mit ähnlich ruhigen und zugleich festen und wahrhaft souveränen Worten dieses Lehrtextes in Beziehung setzen. Weiterlesen