(hier der ganze Gottesdienst als Video, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von „Doppelmeter“: https://youtu.be/6uOr92vOuJI)
(und hier eine Fotoserie, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Wolfgang Rüter: https://www.magentacloud.de/share/zdsw1riw50)
„Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.“
Ansprache zum Weihnachts-Gottesdienst im Park am 26.12.2019 über Matthäus 10, Vers 16 (bis 22) von Pfr.i.R. Martin Poguntke
Liebe Weihnachts-Gemeinde!
Für mich ist immer erst Weihnachten, wenn ich – wie eben – die Weihnachts-Geschichte aus Lukas 2 gehört habe. Manchmal kommt es mir so vor, als ob es mir dabei gar nicht mal auf den Inhalt der Geschichte ankomme, sondern einfach auf den Wortlaut, genau diesen Wortlaut. Wenn es losgeht in dieser altertümlichen Sprache: „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging…“ – dann ist für mich Weihnachten. Das Korrekturprogramm meines PCs meldet mir, dass es besser wäre zu schreiben: „…dass ein Gebot des Kaisers Augustus ausging“ oder „von Kaiser Augustus“ – aber ich hänge an der alten Formulierung, nicht nur am Inhalt.
Aber dann, beim Hören der Geschichte, passiert es dann doch: Die einzelnen Personen, Szenen, Aktivitäten in der Geschichte beginnen für mich lebendig zu werden. An jeder Stelle der Geschichte könnte man einhaken und sich genauer ausmalen, wie das da wohl gewesen ist.
Wenn es zum Beispiel gegen Ende heißt: „Die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott.“ Da frage ich mich, ob sie wirklich zu ihren Herden umgekehrt sind oder nicht vielleicht zurück ins Dorf, aus dem sie gekommen waren? Sie mussten doch unter die Leute, um ihr Glück weiterzuerzählen. Aber dann denke ich wieder: Sie können doch ihre Schafe nicht alleingelassen haben – schlimm genug, dass sie einfach zum Stall in Bethlehem abgehauen sind. Nein, denke ich, sie werden sich ihrer Verantwortung bewusst geworden sein, die sie für die Schafe haben. Und sie werden auch – als Menschen, die Tag und Nacht mit ihren Schafen lebten – sich diesen Tieren nah gefühlt haben, sie als Mitgeschöpfe liebgehabt und wichtig genommen haben. Sie hätten es wohl nicht übers Herz gebracht, diese Tiere schutzlos den Wölfen zu überlassen, die da nachts auf Beutesuche waren. Schafe haben gegen Wölfe nichts auszurichten.
Der biblische Text, den wir für den diesjährigen Weihnachts-Gottesdienst ausgesucht haben, – Vers 16 aus Matthäus 10 – handelt genau davon: „Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.“ Jesus sagt das zu seinen Jüngern. Und er gibt ihnen in den folgenden Versen noch Mahnungen mit, wie sie sich auf diesem schwierigen Weg verhalten sollten: „Seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben.“ „Hütet euch vor den Menschen, denn sie werden euch vor Gericht ziehen.“ „Ihr werdet gehasst werden.“ „Ein Bruder wird den andern dem Tod preisgeben.“
Rauhe Worte. Jesus war nicht zimperlich, wenn es darum ging, die Grobheit der Welt zu benennen. In dieser Welt das Evangelium zu verkünden, das ist, wie als Schaf mitten unter Wölfe geschickt zu werden.
Von ähnlichen Erfahrungen können wir durchaus auch erzählen: von Gerichten, die S21-GegnerInnen wegen Lappalien zu Geldstrafen verurteilt haben, aber prügelnde Polizisten laufen ließen. Von Zivilpolizisten, die Demonstranten provozierten oder zur Gewalttätigkeit ermunterten. Von Politikern, Bahn-Vertretern oder Journalisten, die gnadenlos die Wahrheit verdrehten und gegen uns wandten. Ja, da konnte einem schon bisweilen dieses Bild von den Schafen unter den Wölfen in den Sinn kommen. Weiterlesen