Ev. Kirche macht Grünen-Wahlkampf

image_manager__slideshow_plakat_dina1_winne_geissler_5mm_li_kopie

http://hospitalhof.de/programm/180116-5-jahre-danach-die-schlichtung-zu-s21/

Kommentar:
(und hier als pdf-Datei: Ev. Kirche macht Grünen-Wahlkampf)

Die sogenannte „Schlichtung“ zu S21 ist zweifelsohne einer der geglücktesten Propagandacoups der damaligen Landesregierung gewesen: Angeblich, um „alle Fakten“ zu S21 „auf den Tisch“ zu bringen, ließ Heiner Geißler neun Tage lang die S21-Gegner ihre hoch kompetenten Kritikpunkte der Bahn um die Ohren hauen und machte die Teilnehmer und alle Welt glauben, die Bahn würde nun endlich verpflichtet, diese auch zu berücksichtigen.

Wohlwissend, dass die Bahn selbstverständlich nicht aufgrund einer bloßen Aufforderung eines durch keine Rechtsgrundlage legitimierten „Schlichters“ irgendwelche Änderungen am Projekt vornehmen würde – ja, dass die Bahn das aus rechtlichen Gründen gar nicht durfte –, beließ Geißler es lediglich bei „Vorschlägen“, denen er selbst lediglich „psychologische“ und „politische“ Wirkung beimaß. Dass Geißler zu keinem Zeitpunkt die Notwendigkeit ins Gespräch brachte, dass am Ende dieses Faktenschecks eine rechtlich bindende vertragliche Regelung mit der Bahn stehen müsste, macht deutlich: Es ging von vornherein nicht um Korrekturen, sondern um Beschwichtigung und Schwächung der Gegnerschaft.

Auch die Begründung Geißlers, warum die Bahn „weiterbauen“ dürfe („die Bahn hat Baurecht“), macht deutlich, dass die ganze Veranstaltung als Show gedacht war. Denn das war erstens schon damals falsch, weil sie Baurecht damals nur für zwei von fünf Planfeststellungsbereichen hatte (und bis heute nur für drei von fünf). Und es führt zweitens auch die ganze Schlichtungsveranstaltung ad absurdum, denn dieses Baurecht war ja vorher schon bekannt und kein Ergebnis der Schlichtung. Wenn die Bahn aufgrund dieser Begründung weiterbauen durfte, dann hätte man sich die ganze Schlichtung sparen können.

Der von Geißler beabsichtigte Eindruck, es werde aufgrund der Schlichtung tatsächlich Planungsänderungen geben, wurde auch von den Pro-S21-Parteien als Wahlkampf-Versprechen genutzt: Alle Parteien warben „Ja zum Schlichtungsergebnis“ – und verhinderten anschließend jede Umsetzung dieses Ergebnisses: Nichts, aber auch wirklich gar nichts vom „Schlichtungs“ergebnis wurde umgesetzt. Außer dem „Stresstest“, bei dem allerdings „Stress“ systematisch verhindert wurde und bei dem die Bahn an so vielen Stellen ihre eigenen Planungs-Regeln verletzte, dass sie damit erfolgreich den Eindruck erwecken konnte, der Kellerbahnhof bringe eine Leistungssteigerung.

Und was haben die Grünen als Regierungspartei getan? Sie haben es nicht einmal geschafft, auf den vorgeblich allseits unterstützten „Schlichtungs“ergebnissen zu bestehen und andernfalls den Pro-Parteien ihre gebrochenen Wahlversprechen vorzuhalten. Sondern genau der am Montag auf dem Podium sitzende Verkehrsminister war sich nicht zu schade, auf der Homepage seines Hauses den einzigen formal umgesetzten – aber inhaltlich betrogenen – Punkt des Schlichtungsergebnisses schön zu lügen: S21 bringe tatsächlich eine Leistungssteigerung.

Wenn die Grünen es zu keinem Zeitpunkt geschafft haben, auf die Ergebnisse der „Schlichtung“ zu pochen, sondern sogar deren Schein-Erfüllung noch zu behaupten – wie kritisch kann Winfried Hermann dann bei dieser Veranstaltung dem Heiner Geißler Contra bieten, mit dessen Partei er voraussichtlich nach der Wahl eine Koalition eingehen möchte?
Und wenn als weitere Gäste nur moderate S21-Gegner und Grünen-Freunde auf dem Podium sitzen – wer soll dann dem Verkehrsminister Contra bieten?

Was wird also unterm Strich herauskommen an diesem Abend? Ein „Schlichter“ und ein Verkehrsminister, die beide unbehelligt ein friedliches Heimspiel absolvieren, garniert mit einigen ein klein wenig aufmüpfigen Fragen der übrigen Podiumsgäste, an denen die Politprofis sympathisch ihre Redegewandtheit unter Beweis stellen können.

Nein, diese Veranstaltung erscheint mir als reine Wahlkampfhilfe für die Grünen – finanziert von der Evangelischen Kirche (unterstützt von BUND und VCD). Das wäre nicht so unappetitlich, wenn es dabei nicht um den Milliardenbetrug S21 ginge, den die Grünen seit Regierungsantritt tatkräftig verschleiern helfen – und hier auch (wieder mal) die Evangelische Kirche.

Dabei wäre engagiertes Eintreten – gerade der für die Bewahrung der Schöpfung eintretenden Kirche – für einen schnellstmöglichen Baustopp und ein baldigstes Ende von S21 so dringend vonnöten. Aber die Kirche steht eben, wo sie immer stand…

Martin Poguntke

13 Antworten zu “Ev. Kirche macht Grünen-Wahlkampf

  1. Hallo Herr Poguntke,
    die Überschrift verspricht eine Auseinandersetzung mit der Kirche, die aber Ihrem anderen Lieblingsthema Platz macht. Ich empfehle Ihnen einen weiteren Austritt. Andernfalls sehe ich Ihr Engagement eher im Dienste einer Partei, die nicht über 3% kommt. Das braucht keiner. Falls Sie es noch nicht wissen: es geht nicht um Wahlkampf sondern um Perpektiven.
    Gruss
    Uwe Mannke

  2. 1. Die Evangelische Kirche in Stuttgart hat aus Furcht, etwas Falsches zu sagen und aus Furcht, das Wohlwollen der Politik zu verlieren und wegen der Befürchtung, die Gemeinden zu spalten, zu lange zu den negativen Seiten von S21 geschwiegen. Bis heute.
    2. Die Evangelische Kirche in Stuttgart hat aus Gewöhnung, Trägheit und Bequemlichkeit heraus nicht gründlich genug hingeschaut und zu lange den Versprechungen der Tatsachenverdreher geglaubt. Bis heute.
    3. Die Evangelische Kirche in Stuttgart hat nicht erkannt, daß die sogenannten demokratischen Strukturen in unserem Land ausschließlich der Selbstbedienung derer dienen, die Geld und Macht haben. Heute mehr denn je.
    4. Die Evangelische Kirche in Stuttgart hat Interesse und Verständnis, Mitgefühl und Unterstützung für engagierte Menschen in unserer Stadt vermissen lassen. Bis heute.

    • Die Synode des Evangelischen Kirchenkreises verabschiedete am 13. November 2010 eine Stellungnahme zu Stuttgart 21.

      Ich zitiere daraus:

      „Sowohl die Frauen und Männer der Polizei als auch die Demonstranten mussten erleben, dass eine Eskalation nicht abgewendet werden konnte. Die Verhältnismäßigkeit der Mittel in der Auseinandersetzung um Stuttgart 21 ist vorübergehend entglitten und gestört.“
      (…)
      „seit dem 30. September kam auch Bewegung in die erstarrten Fronten. Zum ersten Mal sprechen die Projektgegner und Befürworter auf Augenhöhe miteinander. In diesem begonnenen Dialog wird nachgeholt, was rückblickend inzwischen von allen Seiten als unzureichend bewertet wird: Die Kommunikation über das Projekt Stuttgart 21. Wir begrüßen das Schlichtungsverfahren und das von allen Seiten geleistete große Bemühen um einen sachlichen Dialog. Diese Gespräche können dem Frieden in der Stadt dienen und zeigen, dass man aus der Eskalationsspirale, die am 30. September ihren bisher traurigen Höhepunkt fand, herauskommen kann. Dazu werden, zum Beispiel durch die Öffentlichkeit der Gespräche, neue und für die demokratische Zukunft unseres Landes interessante Wege beschritten.“

      http://www.ev-ki-stu.de/aktuelles-hoer-bar/aktuelle-nachrichten/news/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=24334&tx_ttnews%5BbackPid%5D=78&cHash=f1c70d92c3

      Ich fasse zusammen:

      1. Die politischen Interessen im Hintergrund der Eskalation am 30.9.2010 wurden nicht erkannt und nicht benannt.
      2. Die Unverhältnismäßigkeit der Mittel in der Auseinandersetzung um Stuttgart 21 wird nicht als grundsätzliches, sondern nur als vorübergehendes Problem gesehen.
      3. Die Schlichtung wird als sachlicher Dialog auf Augenhöhe begrüßt.
      4. Die Schlichtung sei ein Weg aus der Eskalationsspirale und diene dem Frieden in der Stadt.
      5. Die Schlichtung sei ein interessanter Weg für die demokratische Zukunft unseres Landes.
      6. Es wird darum gebeten, „einseitige Schuldzuweisungen zu unterlassen“. Das heißt, schon so wenige Tage nach dem 30.9. formuliert die evangelische Kirche in Stuttgart, daß nicht nach den „Schuldigen“ für den 30.9. gesucht werden darf und Verantwortlichen nicht benannt werden sollen.

      Das wichtigste Motiv dieser kirchlichen Stellungsnahme ist die Befriedung der Stadtbevölkerung, das Einfordern von gegenseitigem Respekt ohne Aufarbeitung der Verletzungen. Eine Differenzierung in „Meinung vertreten“ und „Interessen vertreten“ findet nicht statt. Theologische Kriterien kommen nicht vor; und es wird der Eindruck vermittelt, daß der fehlende sachliche Dialog ein Fehler der Vergangenheit war und durch die Schlichtung behoben wäre.

      • „Die Schlichtungsgespräche mit Heiner Geißler sind ein offener politischer Prozess. Hier wird ein wichtiger Streit auf gewaltfreie demokratische Weise geführt, dem Ergebnis sollten wir nicht heute schon vorgreifen“, sagte beispielsweise der Feuerbacher Pfarrer Timmo Hertneck.
        Zitat hier. http://www.ev-ki-stu.de/aktuelles-hoer-bar/aktuelle-nachrichten/news/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=24474&tx_ttnews%5BbackPid%5D=78&cHash=e4bd3c9ce6
        (während des Schlichtungszeitraums als Begründung dafür, gegen ein Moratorium bis zur LTW2011 zu sein)

        Ich fasse zusammen: Timmo Hertneck meinte damals,
        1. die Schlichtungsgespräche seien eine Angelegenheit mit offenem Ausgang.
        2. die Schlichtungsgespräche seien eine Art Streit.
        3. die Schlichtungsgespräche seien gewaltfrei.
        4. die Schlichtungsgespräche seien demokratisch.
        5. die Schlichtungsgespräche würden zu einem Ergebnis führen.
        Wahrscheinlich dachten das damals fast alle Stuttgarter Pfarrer.

        Das Problem ist, daß die meisten der Stuttgarter Pfarrer das heute immernoch denken. Oder hat man was anderes gehört oder gelesen?

        • Was war die Schlichtung tatsächlich?
          Aus der Sicht Geisslers von damals:
          Zitat http://www.schlichtung-s21.de/39.html

          „Das Verfahren war als Fachschlichtung gedacht, wobei offen blieb, ob diese in eine Ergebnisschlichtung verbunden mit einem Votum des Schlichters münden sollte. Es war klar, daß daraus keine rechtliche Bindung entstehen konnte, wohl aber eine psychologische und politische Wirkung die Folge war. Der Begriff Schlichtung Stuttgart 21 setzte sich dann auch in der Öffentlichkeit durch.“

          „Wichtiges Ziel der Schlichtung war daher, durch Versachlichung und eine neue Form unmittelbarer Demokratie wieder ein Stück Glaubwürdigkeit und mehr Vertrauen für die Demokratie zurückzugewinnen. Die Schlichtung hat mit dem sachlichen Austausch von Argumenten unter gleichberechtigter Teilnahme von Bürgern aus der Zivilgesellschaft etwas nachgeholt, was schon vor vier oder fünf Jahren hätte stattfinden sollen. Die Schlichtung konnte jedoch diesen Fehler nur teilweise reparieren.“ (Zitat Ende.)

          1. Es sollte Vertrauen für die Demokratie zurückgewonnen werden. Bedeutet, Vertrauen in die Regierungen, die solche Bauprojekte durchsetzen.
          2. Es sollte eine politische Wirkung erzielt werden. Nämlich eine Verringerung und Schwächung der Proteste.
          3. Es sollte eine psychologische Wirkung erzielt werden. Ein Signal, daß man den Protest nun ernstgenommen habe, und daß dieser das Ergebnis zu akzeptieren habe.

          • Was hat die Evangelische Kirche in Stuttgart von der Schlichtung erwartet?
            – eine Deeskalation (ohne benennen zu müssen, wer warum mit welche Folgen eskaliert hat)
            – eine Befriedung, also das Ende der Feindseligkeiten innerhalb der Stadtbevölkerung
            – eine sachliche Debatte auf Augenhöhe
            – neue Wege für die demokratische Kultur.

            Was ist eigentlich der tiefere Grund dafür, daß sich die evangelische Kirche in Stuttgart sich so sehr für eine sogenannte sachliche Debatte einsetzt und eine eigene begründete Meinung so strikt verweigert?

            Ich habe nur folgende Aussagen vom 22.10.2010 dazu finden können:

            „Die Evangelische Landeskirche in Württemberg bleibt im Blick auf das umstrittene Bahnprojekt „Stuttgart 21“ bei ihrer Linie, sich weder auf die Seite der Befürworter noch auf die der Gegner zu schlagen. Pressesprecher Christian Tsalos sagte dem epd am Donnerstag, wenn einzelne evangelische Pfarrer sich für oder gegen „Stuttgart 21“ engagierten, dann äußerten sie sich als Privatbürger und nicht im Namen der Kirche. „Landesbischof Frank Otfried July rügt jegliche Äußerung, die den Konflikt befeuern kann und nicht zur Befriedung beiträgt“, sagte Tsalos. “
            (…)
            „Nach Angaben des Kirchensprechers ziehen profilierte Aussagen von Pfarrern zu „Stuttgart 21″ jedes Mal Protestbriefe der jeweils anderen Seite an die Kirchenleitung nach sich. Diese stehe allerdings weder aufseiten der Gegner noch aufseiten der Befürworter, sie wolle vielmehr beide Parteien miteinander in ein versöhnliches Gespräch bringen.“

            „http://www.ekd.de/aktuell_presse/news_2010_10_22_stuttgart21.html“

            Ich fasse zusammen:
            1. Der Landesbischof will nicht, daß der Konflikt befeuert wird.
            2. Protestbriefe sind der Landeskirche lästig, sie will sich inhaltlich nicht damit auseinandersetzen müssen.
            3. Die Konfliktpartner sollen sich versöhnen.

      • Interessant ist: 2010 wird ein kircheninternes Papier von 1996 zitiert.
        Die „Zehn Fragen zum bürgerschaftlichen Diskurs über Stuttgart 21“ des ehemaligen Evang. Stadtverbandes Stuttgart aus dem Jahr 1996 (!):
        Zitat:

        „In weiten Teilen der Bevölkerung ist der Eindruck entstanden, die Planer bei Stadt und Bahn seien in ihrer Entscheidung schon festgelegt; sie empfänden deshalb öffentliche Diskussion, Kritik und Verbesserungsvorschläge eher als Störung. Die dadurch entstehende Frontenbildung in bekenntnismäßiges Pro und Kontra ist für eine problembewusste Sachdiskussion hinderlich.“ Zitat Ende.

        Und dann wird gehofft, daß die Schlichtung genau diesen Mangel behebe. Man unterläßt es dann aber, die Schlichtung und das ganze politische Drumherum zu analysieren. Hätte man das getan, wäre aufgefallen, daß genau dieses Muster hier wieder gegriffen hat: Es ist alles schon vorher festgelegt, Kritik und Verbesserungsvorschläge hatten keine Chance.

        Daß man dies nicht erkennt, nicht erkennen will, ist für mich ein Zeichen dafür, daß die Kirche im Umgang mit Politik extrem inkompetent oder stark beeinflußt ist.

      • noch ein Fundstück:
        http://www.domradio.de/nachrichten/2010-12-01/bischoefe-grundsaetzlich-positiv-zu-geissler-vorschlag
        (Zitat)
        Evangelischer Bischof begrüßt Schlichterspruch

        Der evangelische Stuttgarter Regionalbischof Ulrich Mack begrüßte den Schlichterspruch und das vorausgegangene Verfahren. Er freue sich, dass dabei in Stuttgart das Modell einer neuen demokratischen Beteiligungsform praktiziert worden sei, sagte Mack. Diese Form könne auch im weiteren Verfahren Früchte tragen, wenn sich Befürworter und Gegner zu einem konstruktiven Miteinander entschlössen.
        (…)
        Gegner und Befürworter des Projekts hatten seit dem 22. Oktober in acht Gesprächsrunden über Finanzierung, Technik und Alternativen zu „Stuttgart 21“ gestritten. Mit dem Schlichterspruch Geißlers am neunten Verhandlungstag sind diese Verhandlungen nun offiziell zu Ende. (Zitat Ende.)

        Zusammenfassung:
        1. Der Regionalbischof begrüßt den Schlichterspruch, welcher besagt, daß S21 weiter gebaut wird, weil es so geplant ist.
        2. Der Regionalbischof begrüßt das Schlichtungsverfahren, weil es eine Beteiligung gab, obwohl nichts zu beteiligen war, weil sowieso gebaut werden muß, siehe 1.
        3. Auch im Prozess des Weiterbauens kann weiter sachlich diskutiert werden, da die Diskussion keine Auswirkungen hat.
        4. Hauptsache es gibt keine „Gegner“ und „Feinde“ mehr, sondern der Weiterbau wird konstruktiv begleitet.
        5. Die sogenannte Schlichtung wird als Verhandlung gesehen, der Schlichterspruch als Abschluß der ‚Verhandlung‘, also als Schlußstrich.
        6. Wieder nichts Theologisches
        7. Keine Analyse der politischen und psychologischen Wirkungen des Schlichtungsverfahrens.

  3. An diesen Tatsachen lässt sich nicht rütteln – nicht umsonst sind die Parkschützer aus der Schlichtung vor Beginn ausgestiegen, weil es keinen Baustopp und damit keine Ernsthaftigkeit und Rechtsverbindlichkeit dieses simulierten Demokratie- und Bürgerbeteiligungsprozesses gab. Man darf getrost unterstellen, dass es trotz aller verbalen Opposition der Grünen (Palmer z.B.) intern klar war, dass im Zweifel Stuttgart für Machtpolitik geopfert werden würde. Dafür gibt es viele Beispiele, und darum ist die Glaubwürdigkeit der Grünen dahin. Das werden wir auch vor dieser Veranstaltung am Montag sagen.
    Zur Diskussion im Parkschützer-Forum http://www.parkschuetzer.de/statements/187955

  4. Lieber Herr Mannke, wenn ich aus allem austreten wollte, an dem ich schwerwiegende Kritik habe, müsste ich aus der Welt austreten. Ich bleibe aber drin, weil ich an ihr arbeiten will.
    Aus den Grünen bin ich nicht ausgetreten, um eine reine Weste zu behalten, sondern weil sich damals die Gelegenheit bot, damit eine politische Auseinandersetzung anzuzetteln.
    Im Übrigen ist es für mich etwas anderes, ob man aus einer Partei austritt oder aus einer Kirche. Aus der Kirche Christi tritt man als Christ einfach nicht aus – auch wenn sie in der betrüblichen Gestalt der Württembergischen Landeskirche daherkommt.
    Die Linke unterstütze ich – auch auf die Gefahr hin, dass Sie mit nur 3% nicht in den Landtag kommt –, weil sie (bei allem, was ich an ihr zu kritisieren habe) die einzige Partei ist, die tatsächlich (noch) gegen S21 aktiv ist, und vor allem weil sie die einzige Partei ist, die das kapitalistische Weltzerstörungssystem grundsätzlich in Frage stellt.
    Mit meiner Wahlunterstützung für die Linke dafür zu demonstrieren, ist mir den evtl. Verlust meiner Wählerstimme wert – zumal ich mit meiner Stimme bei jeder anderen Partei aktiv Unheil anrichten (und S21 unterstützen) würde. Das kleinere Übel ist mir zu übel.

  5. Danke, Martin Poguntke, für diesen klugen, punktgenauen Beitrag! Und danke auch für die ausführliche Antwort auf den ersten Kommentar. Ich bin immer wieder betroffen, wie verbal giftig Menschen unserer Bewegung – in der wir doch das gleiche Ziel haben – miteinander umgehen. Aber beim Blick über den Tellerrand und auf Bewegungen in der Vergangenheit ist das nicht neu. Manch einer kann mit dem harschen Ton in einer Bewegung nicht umgehen und bleibt weg. Andere sehen das Ziel vor Augen und bleiben dabei. Weil man eben auch viele positive Erlebnisse hat und tolle Menschen trifft. Nochmals danke!

  6. Hallo Herr Poguntke,
    zunächst möchte ich in Zweifel ziehen, dass es der Partei, die Sie jetzt im Wahlkampf unterstützen, wirklich darum geht, S21 zu stoppen. Vielmehr geht es dieser Partei darum, ihre Kapitalismuskritik mit der Kritik an S21 zu verknüpfen. Man bekämpft ein System-S21. Nur wie sieht dieses System aus? Man muss leider erst einmal feststellen, dass dieses System von 97% derer, die zur Wahl gehen, anerkannt und weitestgehend im Alltag gelebt wird. Und auch in Ländern, in denen der Kapitalismus vorgeblich bekämpft wird, wird nach kapitalistischen Denkmustern gelebt, wenn auch in Ausweichmechanismen. Es kann also nicht darum gehen, den Kapitalismus einfach abzuschaffen, sondern seine Zugehörigkeit zu der heutigen Bewusstseinsverfassung der Menschen anzuerkennen. Wir arbeiten einfach auf dieser Basis weltweit zusammen. Dieser Gedanke ist den sozialistischen Parteien fremd. Als Mann des Glaubens könnte es Ihre Aufgabe sein, die geistige Basis für ein Mit- oder Nebeneinander von Kapitalismus und Sozialismus zu suchen. Das schafft Ihre kirchliche Organisation, die (unsere) Steuern einnimmt (einnehmen lässt) und damit ihr Personal bezahlt, derzeit nicht. Sie schwimmt weitestgehend mit und macht Lippenbekenntnisse, und ein kleiner Teil übt sich in Totalverneinung und pachtet die Wahrheit zu 100% für sich. Das finde ich intellektuell unredlich.
    Ein ähnliches Phänomen stellt sich bei der Totalverneinung von Lösungsvarianten für S21 dar (weil nun mal Fakten zu Unrecht geschaffen werden). Es ist da viel einfacher in Parteipolitisches abzulenken, als Chancen zu suchen und zu erkennen. Eines sollte erinnert werden: Kretschmann hat schon während der Schlichtung die NBS bejaht und somit klar gemacht, dass es ihm nicht allein um das wirtschaftlich-Rationale ging. Die andere Wahrheit ist darin zu suchen, dass die Grünen S21 nicht zum Schlusspunkt ihrer Politikfähigkeit machen dürfen. Dann würden sie das Feld einfach Schwarz-Rot überlassen, ohne irgend etwas gewinnen zu können. Der Wähler, so wie er ist, würde es nicht honorieren. Dafür sind wir als Bewegung viel zu schlecht und vor allem zu uneinig aufgestellt.
    mfG
    Uwe Mannke

  7. Stuttgarter Bürger

    Zwei, die das Gleiche wollen, aber auf verschiedenen Wegen, so könnte ich M.P und U.M verstehen.
    Meinungsfreiheit auf Bürgerniveau, besser als auf Parteiniveau.

Hinterlassen Sie eine Antwort

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..