Als der Tag der Pfingsten erfüllt war, waren sie alle beieinander an einem Ort. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel … und sie wurden voll des heiligen Geistes und fingen an zu predigen … . Es waren aber Juden da auf dem Weg nach Jerusalem … , gottesfürchtige Männer aus allerlei Volk, … die verwunderten sich und sprachen: „Sind nicht alle, die da reden, Galiläer? Wie kommt es, dass wir sie alle in hebräischer Schriftsprache hören?“
Pfingsten gilt als der Geburtstag der christlichen Kirche, deren Ausbreitung die Grenzen Israels überschreitet und weltumspannend wird. Sinnenfällig wird dies durch das Sprachwunder. Juden aus verschiedensten Ländern, die durch Galiläa nach Jerusalem pilgern, können sich mit Galiläern auf Hebräisch verständigen. Diese waren für sie bisher sprachlich und kulturell fremd und religiös nicht koscher. Aber der barmherzige Gott, den Jesus seine Jünger lehrt, ist nicht nur ein Gott der Israeliten, sondern aller Menschenkinder. Propheten wie Amos (9,7) und Jesaja (2,1-5) hatten schon 750 Jahre zuvor darauf hingewiesen, nun wird dies in der Überwindung der Sprachgrenzen erfahrbar: Der Fluch der babylonischen Sprachverwirrung ist aufgehoben. Der barmherzige Gott will die Menschen nicht mehr an solidarischer Zusammenarbeit hindern, indem er aus Angst vor der Macht der Menschen diese trennt und beherrscht. Er begleitet menschliches Wirken voll Vertrauen, auch wenn dabei Fehler gemacht werden. Denn er kann vergeben und nach Versagen neu anfangen. Dies traut er auch den Menschenkindern untereinander zu.
Wir hören diese Botschaft an diesem Pfingstfest 2020 in einer Weltlage, in der es ganz besonders darauf ankommt, dass internationale Solidarität gelingt. Die Pandemiekrise kann zu verschärftem nationalem Egoismus führen oder zu globalem Zusammenhalt. Wir in Deutschland müssen dankbar bekennen, dass wir im weltweiten Vergleich bisher noch glimpflich davon gekommen sind. Aus dieser Dankbarkeit muss solidarische Hilfsbereitschaft erwachsen mit denen, die schwerer getroffen sind. Dies kann nicht nur in Europa gelten, es muss weltweit geschehen. Dabei müssen die Sünden, die gerade wir als hoch industrialisiertes Land in der Vergangenheit auf uns geladen haben, beim Namen genannt werden, um neue Verhältnisse zu schaffen. Das Infektionsgeschehen unter den ausländischen Beschäftigten in Großschlächtereien hat in den Blickpunkt gerückt, welcher Ausbeutung und welch unsäglichen Lebensbedingungen wir billiges Fleisch in unseren Läden verdanken. Hinzu kommt, wie an den Tieren in der Massentierhaltung gesündigt wird um des schnöden Mammons willen. Diese Sünden bei der Tierhaltung rächen sich beim Missbrauch von Antibiotika: Resistente Keime werden gezüchtet, die in unseren Krankenhäusern jährlich geschätzt über 30.000 Tote fordern. Um mit Papst Franziskus zu sprechen: Diese Wirtschaft tötet. Sie tötet auch dort, wo in armen Ländern für uns Kleidung und andere Konsumgüter hergestellt werden zu Hungerlöhnen und unter fatalen Bedingungen. Dies sollte uns auffallen nicht erst, wenn Atemmasken oder Medikamente fehlen, deren Produktion aus Profitsucht ausgelagert wurde. Die tötende Wirtschaft zeigt sich auch dort, wo Rohstoffgewinnung für unsere Handys und E-Autos die Ärmsten noch weiter ins Elend stürzt. Unsere Waffenexporte bilden die Spitze des Skandals.
Die Pandemiekrise ruft uns zur Umkehr. Im Inland erleben wir, wie Millionen wirtschaftlichen Ruin erleiden. Die Schwarze Null ist Geschichte, mit riesiger Verschuldung soll schwer Getroffenen über die Runden geholfen werden. Bei der Schuldentilgung sind Megareiche endlich angemessen heran zu ziehen. Ein Promille der Deutschen, das sind etwa 80.000, besitzen ein Viertel des deutschen Privatvermögens, nämlich 1.500 Milliarden €. So viel etwa wird im Bundeshaushalt in 4-5 Jahren ausgegeben. Ein Lastenausgleich von nur 30 Prozent dieses Vermögens kann innerhalb von 10 Jahren 450 Milliarden € umverteilen. Dieses Geld in den Händen der Ärmeren wird sehr schnell wieder ausgegeben. Dies kurbelt die Wirtschaft schnell an. Dabei ist sehr darauf zu achten, dass der notwendige Wandel gelingt weg von militärischer und umweltschädlicher Produktion hin zu Waren und Dienstleistungen, die die Welt wirklich braucht und die den Klimawandel bremsen. Auch eine erhöhte Erbschaftssteuer und höhere Steuerprogression sind für die Wirtschaftstransformation nötig.
Staatliche Hilfen müssen an klare Kriterien gebunden werden, auch bei der staatseigenen Bahn. Vor weiteren Hilfen muss die Bahn ihre aufgekauften Unternehmen wieder abstoßen, die mit dem Bahnverkehr, der Kernaufgabe, nichts zu tun haben. Zudem muss das unrentable und gefährliche Projekt Stuttgart 21 dem Umstieg 21 weichen. Nie war dies dringlicher als jetzt. Weil das Geld fehlt und riesige Brandkatastrophen drohen, muss ein schnelles Ende einen Schrecken ohne Ende verhindern. Unser entschlossener und ausdauernder Widerstand ist jetzt besonders gefordert, da die bisherigen Selbstverständlichkeiten neoliberaler Politik ins Wanken geraten. Für diese Politik gilt Stuttgart 21 nach Aussage unserer Kanzlerin als Schlüsselprojekt. Aber nicht an der Fertigstellung, sondern am Ende dieses Projekts und dieser Politik entscheidet sich, ob Deutschland Zukunft hat. Deutschland braucht keine Prämien für Spritfresser, sondern Fördergelder für Schienenverkehr.
Wenn wir im Inland diese Umkehr einleiten, dann werden wir auch Sorge tragen müssen dafür, dass in der globalen Wirtschaft ein neuer Geist einzieht. Handelsabkommen, die internationale Großkonzerne zu den neuen Feudalherren und die Armen zu den neuen Sklaven machen, sind zu kündigen. Lieferketten dürfen nicht mehr auf freiwilliger Basis überprüft werden, sondern sind unabhängigen Kontrolleuren zu unterwerfen, um faire Löhne und Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Statt Waffen zu liefern müssen Hilfen finanziert werden für eine gewaltfreie Konfliktregulierung, die Söldner zu Bauern macht. Alle Entwicklung muss dazu dienen, den Klimawandel auf zu halten und Gottes Schöpfung zu bewahren. Möge das Pfingstfest 2020 diesen neuen Geist in möglichst vielen Menschen wecken und zu einem heilsamen Wandel helfen. Amen.
Anhang: Mail an Winfried Kretschmann zum Autogipfel am 2.6.2020
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,
das Drängen der Autoländer auf Kaufprämien für Spritfresser ist der Wählerschaft nicht mehr zu vermitteln. Gerade Sie als grüner Verantwortlicher sollten deshalb für die Autokonzerne folgende Rettung propagieren:
1. Für PS-starke Spritfresser wird eine zeitlich gestaffelte Luxus- und Umweltstrafsteuer erhoben: Je länger die Kaufentscheidungen aufgeschoben werden, umso teurer werden die Fahrzeuge. Dies hilft jetzt schnell, den Stau produzierter Fahrzeuge aufzulösen. Diese Autos können gar nicht teuer genug werden, da sie weniger Fahrzeuge sind als vielmehr Statussymbole: Je teurer sie werden, um so mehr erfüllen sie den Zweck, mit Reichtum zu protzen.
2. Den Konzernen wird die Ankündigung empfohlen, die Herstellung von Spritfressern werde zunehmend abgebaut wegen der kommenden EU-Strafzahlungen. Wer noch haben wolle, müsse sich beeilen. Auch dies wird die Konjunktur ankurbeln.
3. Kaufprämien werden den Konzernen – entsprechend dem Verfahren bei Hartz IV – ausschließlich bei Nachweis der Bedürftigkeit gewährt (Verbrauch der Rücklagen, Verzicht auf Dividenden und Boni für Managment und Mitarbeiterschaft), und zwar ausschließlich für besonders sparsame Fahrzeuge, zB kleine 6d Temp-Diesel-Hybride, getriebelos mit rekuperierenden Radnabenmotoren und ausreichend Kofferraum für Familien wie der erste Honda Jazz ab 2002. Die vielen Teile erhalten Arbeitsplätze, der Verbrauchsrückgang bremst den Klimawandel, während zugleich zunehmend Verkehr auf die Schiene kommen muss, etwa durch den Umstieg 21 statt Stuttgart 21.
Mit freundlichen Grüßen
Friedrich Gehring
Am Krähenhorst 8
71522 Backnang
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