Parkgebetansprache von Friedrich Gehring am 6.11.2014

Jesaja, Kapitel 5, Verse 1 bis 8: Wohlan, ich will meinem lieben Freunde singen, ein Lied von meinem Freund und seinem Weinberg. Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fetten Höhe. Und er grub ihn um und entsteinte ihn und pflanzte darin edle Reben. Er baute auch einen Turm darin und grub eine Kelter und wartete darauf, dass er gute Trauben brächte; aber er brachte schlechte. Nun richtet, ihr Bürger zu Jerusalem und ihr Männer Judas, zwischen mir und meinem Weinberg! Was sollte man noch mehr tun an meinem Weinberg, das ich nicht getan habe an ihm? Warum hat er denn schlechte Trauben gebracht, während ich darauf wartete, dass er gute brächte? Wohlan, ich will euch zeigen, was ich mit meinem Weinberg tun will! Sein Zaun soll weggenommen werden, dass er verwüstet werde, und seine Mauer soll eingerissen werden, dass er zertreten werde. Ich will ihn wüst liegen lassen, dass er nicht beschnitten noch gehackt werde, sondern Disteln und Dornen darauf wachsen, und will den Wolken gebieten, dass sie nicht darauf regnen. Des HERRN Zebaoth Weinberg aber ist das Haus Israel und die Männer Judas seine Pflanzung, an der sein Herz hing. Er wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit. Weh denen, die ein Haus zum andern bringen und einen Acker an den andern rücken, bis kein Raum mehr da ist und sie allein das Land besitzen!

Schon etwa 750 v. Chr. warnt Jesaja die Reichen seiner Zeit, die immer mehr wirtschaftliche Macht erstreben, um diese zu missbrauchen, und sagt ihrem Treiben den Untergang voraus. Seine Unheilsweissagung ist heute hochaktuell.

Seit Jahrzehnten geht die Schere zwischen Reichen und Armen nicht nur in der dritten Welt, sondern auch in den Industrienationen immer weiter auseinander. Jens Weidmann, der Chef der deutschen Bundesbank und deutscher Vertreter in der Europäischen Zentralbank, sagte kürzlich in einem Interview, das sei eben so. Er weiß offenbar noch nicht, was Jesaja vor über 2700 Jahren schon wusste, dass nämlich diese Entwicklung in den Abgrund führt, nicht nur die Armen, sondern auch die Reichen. Er sieht, dass die vielen teuren Häuser durch die Verarmung der Mehrheit keine Mieter mehr finden und die gierigen Raffer durch Leerstand selbst ihr Geld kaputt machen. Jens Weidmann residiert in Frankfurt am Main, er könnte wissen, dass dort 2 Millionen qm Büroflächen leer stehen und trotzdem immer noch mehr Bürotürme gebaut werden. Jesajas Voraussage für die Monopolisten seiner Zeit ist heute Realität. Auch die Superreichen, die ihr Geld vorsichtig bei Banken Zinsen tragen lassen, erleben jetzt, dass die Zinserträge unter die Inflationsrate fallen. Die Skat-Bank im ostdeutschen Altenburg hat jetzt für Geldanlagen über 500.000 € einen Negativzins eingeführt, weil auch die Banken für übriges Geld, das sie bei der europäischen Zentralbank lagern wollen, einen Negativzins zahlen müssen.

Die Reichen dieser Welt haben so viel Vermögen angehäuft, dass sie immer schwieriger Abnehmer für Kredite finden. Auch für die so sicheren deutschen Bundesanleihen muss schon ein Negativzins gezahlt werden. In Argentinien haben gierige Hedgefonds-Manager den Bogen derart überspannt, dass das Land innerhalb weniger Jahre zum zweiten Mal pleite war und viel Anlegergeld kaputt ging. Auch im Blick auf Griechenland sagen Fachleute voraus, dass die Griechen niemals all die Schulden werden zurückzahlen können, die ihre korrupte Elite nach der Einführung des Euro machen konnten. Die Hilfsgelder für Griechenland helfen nicht den Griechen, sondern fließen zu ihren steinreichen Gläubigern. Wenn Politiker wie die von der AfD gegen diese Hilfen wettern, dann verschleiern sie, dass die megareichen Anleger davon profitieren und dass ein Ende dieser Hilfen den Zusammenbruch der gegenwärtigen ausbeuterischen Finanzwelt nur noch beschleunigen wird, der allerdings nicht dauerhaft zu verhindern ist. Jesaja beschreibt so etwas wie die Selbstregulierung einer extremen Entwicklung. Der übermäßig angehäufte Reichtum zerstört sich selbst, die gierigen Hedgefonds-Manager sägen an dem Ast, auf dem sie sitzen, und die unersättlichen Käufer hoch verzinster Staatsanleihen von Ländern am Rand des Bankrotts schneiden sich ins eigene Fleisch.

Warum spreche ich davon bei einem Parkgebet zu Stuttgart 21?
Dieses Projekt ist ein markantes Zeichen für die Gier, die sich selbst schädigt. Die Spekulation, aus vergleichsweise wertlosem Bahngelände teuerstes Bauland zu machen für gierige Anleger, stand am Anfang dieses Projekts. Dabei wurde in arroganter Weise versäumt, sich zu vergewissern, ob dieses Bahngelände nach den bestehenden Gesetzen überhaupt umgewidmet werden darf. Nachdem die Gruppe „Stuttgarter Netz AG“ erhebliche Teile des Kopfbahnhofs beanspruchte, bekommt man nun kalte Füße und will das Gesetz ändern, um die Pläne der Konkurrenten von der Stuttgarter Netz AG zu vereiteln, den Kopfbahnhof als bessere Alternative weiter zu betreiben. Aber das europäische Wettbewerbsrecht kann diesen Versuch schnell zunichtemachen, denn die Dieselzug-Betreiber können zu recht klagen, dass sie mit dem Tiefbahnhof und der geplanten Gesetzesänderung als Konkurrenten benachteiligt werden. Beim Wettbewerb versteht Europa keinen Spaß. Jesaja würde heute prophezeien: Die schönen Innenstadtbauflächen, auf die ihr spekuliert habt, werden öde stehen. Und eure Träumereien von Renditen werden zu herben Verlusten führen. Selbst wenn es gelingen sollte, auf Teilen der bisherigen Gleisanlagen neue Konsumtempel zu errichten, die Kaufkraft wird kaum steigen und auf immer mehr Einkaufszentren verteilt, dass von diesen ebenso viele leer stehen werden wie heute schon von den Büroflächen in Frankfurt.

Was folgt daraus für uns als christliche Gemeinde? Wir wollen uns nicht irre machen lassen durch die neoliberal verblendeten Parolen von Bankern wie Jens Weidmann oder Menschen an den Schaltstellen politischer Macht wie Gerhard Schröder oder Angela Merkel, weil wir von Jesaja und Jesus Bescheid wissen über den Mammon, seine Ungerechtigkeit und seine selbstzerstörerischen Tendenzen. Wir werden nicht aufhören, die Unsinnigkeit eines Projektes wie Stuttgart 21 anzuprangern, ebenso wie Verarmungspolitik von Kanzlerin Merkel, die nun nach Griechenland auch unser Land erreichen wird in der vor uns liegenden wirtschaftlichen Rezession. Wir werden nicht müde werden, daran zu erinnern, dass Griechenland keine Hilfe von außen braucht, wenn es seine steuerflüchtigen Reichen endlich zur Kasse bittet, und dass ebenso bei uns die skandalöse Fütterung der Megareichen einer angemessenen Besteuerung zugeführt werden muss. Wir werden nicht aufhören, die sogenannten Freihandelsabkommen als Ausbeutungsabkommen beim Namen zu nennen, durch die wir transnationalen Konzernen tributpflichtig gemacht werden sollen unter der Abschaffung von demokratischer Gerichtsbarkeit. Wir werden unablässig die Botschaft Jesu verbreiten, dass der ungerechte Mammon einzig allein dazu da ist, um von oben nach unten zurück verteilt zu werden. Unser auferstandener Herr Jesus Christus schenke uns die Entschlossenheit und Ausdauer dazu. Amen

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