Weihnachtsgottesdienst im Schlossgarten am 26.12.2011, Einleitung von Guntrun Müller-Enßlin

Ein Licht geht uns auf in der Dunkelheit, durchbricht die Nacht und erhellt die Zeit. Licht der Liebe, Lebenslicht, Gottes Geist verlässt uns nicht.

Herzlich willkommen, liebe Parkliebhaberinnen und Parkliebhaber, liebe Gerechtigkeitssucherinnen und Gerechtigkeitssucher, liebe unermüdliche Hoffnungsvolle, zu diesem Gottesdienst am zweiten Weihnachtsfeiertag hier im Stuttgarter Schlossgarten. Schön, dass Sie gekommen sind hierher in das Herz unserer Stadt, um im unversehrten Park, im Stuttgarter Refugium Nummer 1, Gottes Ankunft bei uns durch Jesu Geburt zu feiern.
Am Ende eines Jahrs voller Bewegung ist es Weihnachten geworden.
Schlimmes und Wunderbares ist uns geschehen in diesem Jahr in Stuttgart und anderswo. Wir blicken zurück auf den arabischen Frühling und auf  Erdbeben und Tsunami mit der Reaktorkatastrophe in Fukushima.
Wir halten Rückblick auf ein Jahr, indem die Balance des Weltklimas einmal mehr zurück stehen musste hinter Schulden- und Eurokrise, auf ein Jahr, in dem ganze Staaten verarmten zulasten anderer, die mit Milliardengewinnen davonkamen. Es war das Jahr der Protestbewegungen, aber auch das Jahr formaljuristischen Triumphierens.
Es war das Jahr des Auftrumpfens einseitiger Finanzinteressen, denen alles geopfert werden muss, Menschlichkeit, Lebensqualität für alle, soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit. Wir in Stuttgart haben im Zusammenhang mit dem Projekt Stuttgart 21 unsere eigenen Erfahrungen mit all diesen Entwicklungen gemacht. Wir blicken zurück auf die Landtagswahlen und den Frühling in Stuttgart, aber auch auf die Vorgänge um Stresstest und Volkabstimmung.

Können wir überhaupt Weihnachten feiern angesichts all dieser  Entwicklungen, angesichts all der Unwägbarkeiten und Sorgen, die uns in Atem halten?
Ja, das können wir.
Können wir Weihnachten feiern in diesem Park, dessen Bäume und Lebewesen in diesen Tagen bedrohter sind denn je?
Ja, das können wir.
Weihnachten lässt sich nicht verschieben und das ist gut so. Es kommt, ob wir wollen oder nicht. Es platzt hinein in unseren nervösen Alltagsaktivismus, in den Stress, den wir uns machen, der uns gemacht wird und ruft auf zum Besinnen, zum Innehalten. Weihnachten scheint auf mit seinem Licht, auch dann, wenn uns nicht zum Feiern zumute ist.
Es ist keine Beruhigungspille, kein Placebo, dieses Weihnachtsfest. Der verheißene Friede kein Aufruf dazu, doch endlich zu schweigen und stille zu sein. Mit dem ersten Weihnachtsfest vor 2000 Jahren verband sich eine tiefe Erschütterung für die Mächtigen: Die mussten nämlich damals zittern um ihre Einflussmöglichkeiten, ihr leichtes Spiel mit den Armen, ihr Agieren zugunsten des eigenen Vorteils und Gewinns. Die Ankündigung, wie Gott kommt, musste sie beunruhigen:

Gott kommt von unten, subversiv, er kommt unerkannt, fast beiläufig, als kleines Kind am Rand der Stadt, am Rand der Gesellschaft in unserer Welt an. Er kommt für alle und nimmt im Fall von Ungerechtigkeit und Unterdrückung Partei für die Schwachen. Deshalb ist Weihnachten zuallererst das Fest der Ohnmächtigen, das Fest der Gescheiterten, das Fest der Minderheiten. Deshalb haben wir Hoffnung für diese Welt, auch wenn nach menschlichem Ermessen wenig Grund zur Hoffnung ist.

In diesem Sinn wollen wir heute morgen diesen Gottesdienst miteinander feiern. Feiern werden mit Ihnen die Theologinnen und Theologen Friedrich Gehring, Annette Keimburg, Gunther Leibrandt, Wolfgang Schiegg, Martin Schmid- Keimburg und Dorothea Ziesenhenne-Harr. Mein Name ist Guntrun Müller-Enßlin. Die musikalische Begleitung haben die Bläsergruppe Parkblech unter Leitung von Martin Schliemann und Daniel Sissenich am Keyboard.
Wir wollen nun das erste Lied miteinander singen.

Eine Antwort zu “Weihnachtsgottesdienst im Schlossgarten am 26.12.2011, Einleitung von Guntrun Müller-Enßlin

  1. Hallo Ihr lieben „MitstreiterINNEN“,
    für mich war der Gottesdienst eine sehr intensive Begegnung mit Jesus Christus im Sinne als Protestler .
    Das Glaubensbekenntnis hat mich sehr tief berührt, ich kannte diesen Text noch nicht und es arbeitet noch in mir.
    Ich möchte mich bei Euch bedanken für Eure wohltuenden Worte, die uns wieder Mut und Kraft gegeben haben.
    Ihr habt uns aber nichts verschwiegen, ihr habt uns vorbreitet auf die kommende Zeit der Zerstörung, wo das Licht durch Wolken bedeckt sein wird.
    Das Licht wird sich trotzdem durchsetzen, wir sind nicht allein, wir haben das Licht in uns, der Mammon wird uns nicht besiegen .
    Wir sind friedlich !

    OBEN BLEIBEN
    Heidemarie

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