Brief 7 / Stuttgart 21 und der Kirchentag

Der Kirchentag ist vorbei, und es soll nun doch noch eine kleine Nachlese geben, was sich konkret aus dem ergeben hat, was auf dieser Seite in den Briefen zu Stuttgart 21 zum Kirchentag und gesagt wurde.
Zwei Punkte sind es, die ich dabei besonders in den Vordergrund stellen will. Zum einen geht es um die Frage nach der Sicherheit des Kirchentags und zum anderen um die Frage nach dem Ausschluss vieler Gruppen und Initiativen von dieser kirchlichen Großveranstaltung.

Es ist festzuhalten, dass es keine nennenswerten Sicherheits-Probleme und -Schwierigkeiten gegeben hat. Nach meiner Beobachtung haben sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlichen Verkehrsbetriebe sehr um einen reibungslosen Verlauf gekümmert. Ihnen soll für ihre Arbeit unter dieser manchmal erheblichen Hitze an dieser Stelle auch gedankt werden.
Waren die Befürchtungen, dass die Sicherheit der Besucherinnen und Besucher des Kirchentags nicht hinreichend gewährleistet sei, damit überflüssig? Man muss sagen: leider nein. Nach Auskünften einschlägig Informierter aus Stuttgarter Sicherheitsorganisationen war für Katastrophen und Großschadenslagen einfach gar nichts vorbereitet.
Es lief wirklich alles nach dem Motto „wird schon gut gehen“. Es ist – Gott sei Dank – auch alles gut gegangen, aber dieser Kirchentag bewegte sich unter Gesichtspunkten des Katastrophenschutzes auf sehr dünnem Eis. Es ist unverantwortlich, eine solche Großveranstaltung ohne hinreichendes Sicherheitskonzept abzuhalten.

Zum anderen gab es auf diesem Kirchentag einen Ausschluss von Gruppen und Initiativen, wie es das noch nie gegeben hat. Als ich erfuhr, dass selbst eine Veranstaltungsreihe zu Dietrich Bonhoeffer nicht ins Programm aufgenommen wurde und zwar mit der Begründung, Bonhoeffer passe nicht zum Kirchentag, hat es mir denn doch die Sprache verschlagen.
Das war ein Kirchentag der Zensur und der Beschneidung kirchlichen Lebens. Hier wurde der Geist nicht bloß gedämpft, sondern mundtot gemacht. Das Kirchenvolk in Württemberg und anderswo muss sich überlegen, ob es einen solchen Kirchentag überhaupt will. Die vielen Veranstaltungen, die parallel stattfanden wie zum Beispiel zum Friedensthema, sprechen eine deutliche Sprache.

Was hat das mit Stuttgart 21 zu tun? Es geht eben um sehr viel mehr als nur darum, ob wir einen Bahnhof oben oder unten haben. Es geht auch um die Frage, ob unsere Kirche sich vor allem mit Volksbelustigungsversuchen der Öffentlichkeit präsentiert oder ob sie eine Botschaft des welt- und menschenerneuenden Glaubens hat. Es geht darum, ob die Kirche auf der Seite der Zivilgesellschaft, der Bürgerrechte und der Rechtsstaatlichkeit steht oder ob sie im Interesse unverantwortlicher Profiteure Religion zum Opium des Volkes macht.
Dieser Kirchentag wollte einlullendes und betäubendes Opium des Volkes ein und nicht Zeitansage dessen, was ansteht.
Ganz ehrlich: Auf einen solchen Kirchentag können wir guten Gewissens verzichten!

7 Antworten zu “Brief 7 / Stuttgart 21 und der Kirchentag

  1. wenn Dietrich Bonhoeffer nicht zum Kirchentag 2015 der Ev.Kirche passt,würde mich die Begründung brennend interessieren.

  2. „in dem von den zuständigen Vorbereitungsgremien ausgewählten Themenkreis nicht vorgesehen“, heißt es hier:
    http://www.dietrich-bonhoeffer-verein.de/index.php?id=695

  3. Es hat meines Wissens keine nähere Begründung gegeben. Auch sonst wurden Veranstaltungen abgelehnt mit fadenscheinigen Pseudo-Begründungen wie „Das Programm ist schon voll.“ oder „Das wird anderweitig im Prgramm schon abgedeckt.“
    Von einer inhaltlichen Auseinandersetzung hat mir niemand, wen ich auch fragte, berichten können. Es ist einfach dubios und skandalös.
    Michael Harr

  4. Liebe D.S.,
    Vielen Dank für den Link! Leider bestätigt das dort zu Lesende, dass der Krchentag wichtige und wegweisende Veranstaltungen mit fadenscheinigen Pseudo-Begründungen abgelehnt hat.
    Das ist nicht der Kirchentag, den wir wollen!

  5. Wenn man sich anschaut, welche Personen mit welchen Funktionen aus welchen Parteien in diversen Kirchentagsgremien sitzen, wundert einen das nicht so sehr.

  6. Ich habe leider den Eindruck, daß der Kirchentag so gewollt war. Stadt und Land wollten den Imagegewinn, und ich denke, sie haben ihn bekommen. Die Kirchengemeinden und unzählige Helfer haben klaglos geplant, geholfen und gemacht, weil man das eben so machen muß für das gute Image der Stadt.
    Die guten theologischen Vorträge, die es auch gab, verpuffen wirkungslos, weil die meisten Besucher zu den Politikern rennen, weil man auch mal Gauck, Merkel, Steinmeier, Schäuble usw aus der Nähe gesehen haben will.
    Der Kirchentag scheint mir eine große Inszenierung zu sein, und man kann sich eben entscheiden, ob man Teil davon sein will oder nicht. Inhalte sind weitgehend belanglos; sie sollen die große Politik nicht stören und den Besuchern Befriedigung verschaffen.

  7. Zu Bonhoeffer und seiner Aktualität kann man den Tunnelblick impuls zum Kirchentag nochmal zur Hand nehmen:

    Klicke, um auf ES21_TB-Impuls_20150521_s.pdf zuzugreifen

    Titel: „von der Dummheit“

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